Finanzminister Brunner überlässt nichts dem Zufall. Der FMA-Chefposten, der im Juli nächsten Jahres frei wird, wurde bereits ausgeschrieben.
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Die Regierung hat es, wieder einmal, eilig. Nun schreibt das Finanzministerium unter Magnus Brunner (ÖVP) auch einen Vorstandsposten in der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) aus – und zwar jenen, auf dem derzeit Eduard Müller sitzt, der der ÖVP zuzurechnen ist. Müllers Mandat läuft zwar noch bis 5. Juli 2025 – trotzdem macht man sich schon jetzt auf die Suche nach einem Nachfolger für den vormaligen Sektionschef im Finanzministerium und Kurzzeitfinanzminister. Zweites Vorstandsmitglied der FMA ist Sozialdemokrat Helmut Ettl, ein karenzierter Notenbanker. Er ist seit 2008 im Vorstand der FMA, sein Vertrag wurde erst 2023 verlängert und läuft bis Februar 2028. Ettl ist auf dem Ticket der OeNB in die Aufsichtsbehörde eingezogen, Müller auf dem des von der ÖVP geführten Finanzministeriums. Unter der türkis-blauen Koalitionsregierung von Sebastian Kurz (ÖVP) sollte Ettl per Gesetz abmontiert und der FMA-Vorstand auf ein Mitglied reduziert werden; dieses Vorhaben wurde aber wegen Ibiza nicht mehr umgesetzt.

Zurück zur jetzigen Stellenausschreibung, die etwa in einem "Presse"-Inserat veröffentlicht wurde: Gesucht wird jemand, der ein juristisches oder wirtschaftswissenschaftliches oder dem gleichzuhaltendes Studium absolviert hat, zudem soll sie oder er Fachkunde in mindestens einem der Aufsichtsgebiete der FMA haben (die FMA ist für Banken-, Versicherungs-, Wertpapier- und Pensionskassenaufsicht zuständig). Diese Fachkunde soll sich die oder der Neue durch Tätigkeiten entweder im Aufsichtsbereich selbst oder in sonstiger wirtschaftlicher Tätigkeit erworben haben – interessanterweise reicht es aber auch, wenn man sie sich durch "beratende" Tätigkeit angeeignet hat.

Müller distanzierte sich von Thomas Schmid

Neben langjähriger Berufserfahrung sind beispielsweise auch Leitungserfahrung, Kenntnisse bei der Bankenabwicklung und "Erfahrung mit bzw. Kenntnisse über" die EU-Institutionen und den Euroraum nötig, um in den FMA-Chefsessel zu kommen. Auch Persönlichkeit ist gefragt, etwa in Form von "natürlicher Autorität mit ausgezeichnetem Auftreten (…), hoher sozialer Kompetenz" oder Zielstrebigkeit und ausgeprägtem strategischem Denken.

Viel Zeit, das Bewerbungsgesuch samt Motivationsschreiben an den Headhunter Stanton Chase International zu schicken, bleibt den Interessierten nicht: Diese Frist läuft in einem Monat, also am 17. Mai, aus.

Dass Eduard Müller noch einmal in den FMA-Vorstand kommt, gilt als ausgeschlossen. Seine Chats mit dem vormaligen Generalsekretär im BMF, Thomas Schmid, stehen dagegen; vor kurzem stand Müller in dem Zusammenhang vor dem parlamentarischen U-Ausschuss. Dass er sich in Steuerangelegenheiten etwa von René Benko eingemischt hat, wies er dort zurück, er habe die Agenda Schmids "nicht durchschaut", erklärte Müller vielmehr. Bei der Benko-Steuerangelegenheit sei es ihm nur darum gegangen, zu verhindern, dass Verjährung eintrete, die die Republik viel Geld gekostet hätte.

Regeln sehen wesentlich kürzere Ausschreibungsfrist vor

Die Ausschreibung kommt – wie jene fürs Direktorium der OeNB, wo der erste ausgeschriebene Posten aber schon im nächsten Februar frei wird – extrem früh. Gemäß Corporate-Governance-Kodex des Bundes sollen Leitungsfunktionen nämlich "möglichst sechs Monate vor Freiwerden der jeweiligen Funktion, spätestens einen Monat davor" ausgeschrieben werden. Eine vorzeitige Ausschreibung vor Ablauf eines Jahres vor Freiwerden ist gemäß Kodex nur "aus sachlichen Gründen" vorgesehen. Und was sind solche Gründe? Gemäß Anmerkungen im Kodex liegen diese dann vor, wenn die "langfristige Planung des neu zu bestellenden Geschäftsführers für die ordnungsgemäße Ausübung der Geschäftsleitungsfunktion bereits zu Beginn der Funktionsperiode erforderlich ist". Auch ein Beispiel dafür wird genannt: Dies sei etwa bei künstlerischen Geschäftsführern von Theatern der Fall, "die eine Spielsaison aufgrund notwendiger Engagements von Künstlern in der Regel mehr als ein Jahr vorausplanen müssen".

Wie das zu den Gegebenheiten in der FMA passt, ist nicht überliefert. **Die naheliegende Erklärung: Angesichts der Nationalratswahlen im Herbst will die ÖVP noch sicherstellen, dass sie ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten in der FMA unterbringen kann.

Das Finanzministerium beantwortete die Frage, warum es so früh ausschreibt, am frühen Mittwochnachmittag so: "Stellenbesetzungen wie jene bei der Finanzmarktaufsichtsbehörde benötigen ausreichend Vorlaufzeit. Um ein Vakuum im Herbst 2024 zu verhindern und Planungssicherheit zu gewährleisten, wird diese Funktion bereits jetzt ausgeschrieben." (Renate Graber, 17.4.2024)