Es sei sein erster Stammtisch überhaupt, sagte ZiB 2-Anchor Armin Wolf am Donnerstagabend im ORF-Landesstudio Salzburg. Denn er trinke keinen Alkohol. Er und Eco-Moderator Dieter Bornemann, den Wolf als seinen besten Freund bezeichnete, würden deshalb im ORF auch "Apfelsaftfraktion" genannt werden. "Wenn man immer Apfelsaft trinkt, wird man nicht so oft zu Stammtischen eingeladen", sagte Wolf.

ORF-Anchor Armin Wolf beim ersten ORF-Stammtisch im Landesstudio Salzburg.
ORF-Anchor Armin Wolf beim ersten ORF-Stammtisch im Landesstudio Salzburg.
Foto: ORF, Georg Hummer

Es war auch der erste Stammtisch, den der ORF Salzburg in seinem Landesstudio veranstaltete. Das Konzept sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger eingeladen werden und den Stammtischgästen Fragen stellen können. Der ZiB-Moderator zum Anfassen quasi. Da 150 Menschen die Einladung ins Studio annahmen, war es weniger ein Stammtisch als eher eine Vereinssitzung, bei der Wolf gemeinsam mit der Salzburger Landesdirektorin Waltraud Langer und ORF-Salzburg-Redakteur Karl Kern auf der Bühne den Vorsitz übernahm. Ein Stammtischständer mit Glocke auf dem Tisch sollte Gasthausatmosphäre im TV-Studio vermitteln.

"Berühmteste" Salzburgerin im Publikum

Warum der ORF das macht, beantwortete Langer gleich selbst: "Mir geht es um die Urform des miteinander Redens. Wir wollen nicht nur senden, sondern auch zuhören." Neben Salzburger ORF-Zuseherinnen und -Zusehern kamen wohl angesichts des prominenten Gastes auch bekannte Persönlichkeiten zum Stammtisch. Etwa die ehemalige Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, Vizebürgermeister Florian Kreibich (ÖVP) oder der ehemalige Tormann und Kurzzeit-Team-Stronach-Politiker Otto Konrad.

Zum Einstieg stellte Kern die Fragen an Armin Wolf. Dass Wolf damit die Rolle vom Interviewer zum Interviewten wechseln musste, war ihm anfangs sichtlich unangenehm. Kern startete mit einem kurzen Wissensquiz und fragte: "Wer ist der berühmteste Salzburger?" Wolf antwortete: "Helga Rabl-Stadler." Kern wollte offenbar eine andere Antwort und sagte: "Nein, weiter zurück." Wolf: "Ah, der mit dem Geburtshaus. Beethoven!" – und erntete dafür die ersten Lacher.

Die erste Zeile der Salzburger Landeshymne konnte Wolf dann ebenso wenig aufsagen wie das Datum, wann in Salzburg das letzte Großprojekt umgesetzt wurde. Doch da strauchelte auch Kern, als er meinte, das sei 1962 das Große Festspielhaus gewesen. Rabl-Stadler korrigierte aus dem Publikum: "1960." Armin Wolf machte kein Hehl daraus, kein Fan von Quizfragen zu sein, und würde auch bei der Millionenshow nicht antreten. "Ich lebe davon, dass die Leute glauben, dass ich viel weiß, und ich will sie in dem Glauben lassen", betonte Wolf.

ZiB
"ZiB"-Anchor Armin Wolf (rechts) sitzt mit ORF-Salzburg-Redakteur Karl Kern und Landesdirektorin Waltraud Langer auf der Stammtisch-Bühne.
Stefanie Ruep

Schmutziges Geheimnis im "ZiB"-Studio

Die erste Frage aus dem Publikum unterbrach die amikale Stimmung: "Es freut mich, dass Sie sich so freundschaftlich geben. Im ORF wirkt das anders", sagte ein Zuseher. "Sie wirken wie der höchste Richter, sind aber Journalist." Besonders störe ihn, dass Wolf den Bundeskanzler unterbreche. "Haben Sie nicht das Gefühl, Ihr Gehalt sei abgehoben?", schob der Mann noch nach.

"Ich bin tatsächlich ein total höflicher Mensch. Meine Mama hat sich sehr bemüht, ihre beiden Kinder zu höflichen Menschen zu erziehen. Höfliche Menschen lassen ihre Gesprächspartner ausreden", erklärte Wolf. Nur, im "ZiB"-Studio laufe eine Uhr mit. "Ich erzähle Ihnen ein kleines schmutziges Geheimnis – bitte sagen Sie es nicht weiter: Die Spitzenpolitiker kommen nicht zu mir ins Studio, um meine Fragen zu beantworten." Vor jeder ZiB 2 würden mindestens 500.000 Leute sitzen. "Die wollen hier eine Wahlrede halten", betonte Wolf und erklärte dann die TTT-Formel: Mit "Touch, turn, tell" würden Politiker unangenehme Fragen nur kurz berühren, abbiegen und dann über das reden, was sie eigentlich sagen wollen.

"Dann muss ich irgendwann unterbrechen, sonst reden die drei Minuten. Putin würde 30 Minuten reden", sagte Wolf. Deutsche Politiker hingegen hätten gelernt, dass Antworten kürzer sein müssen. Daher würden sie weniger unterbrochen werden. Während seinere Ausführungen bimmelte plötzlich die Stammtischglocke. Karl Kern unterbrach Wolf, weil dieser zu lange antworte. Das Publikum lachte.

Kern meinte, Wolf selbst verwende diese Gesprächstaktik, um nicht auf die Gehaltsfrage eingehen zu müssen. "Natürlich steht mein Gehalt in keinem Verhältnis zu dem eines Krankenpflegers oder einer Polizistin", sagte Wolf. Aber auch das Gehalt von Opernsängern, Fußballern oder Vorstandsvorsitzenden tue das nicht. Er habe jedenfalls bereits mehrmals Jobangebote erhalten mit weitaus höheren Gehältern. "Ein deutscher Sender hat mir mindestens das Doppelte geboten", sagte Wolf.

Waltraud Langer, Karl Kern und Armin Wolf am ORF-Stammtisch.
Waltraud Langer, Karl Kern und Armin Wolf am ORF-Stammtisch.
Foto: ORF, Georg Hummer

Schmerzensgeld für Karner-Interview

Ein weiterer Stammtischbesucher aus Henndorf wollte wissen: "Wie halten Sie das aus? So ein Interview wie mit Innenminister Karner mit diesen nichtssagenden Antworten? Sie haben mir leidgetan. Deshalb ist Ihr Gehalt als Schmerzensgeld gerechtfertigt." Wolf antwortete sichtlich amüsiert: "Das ist für mich total okay. Damit die Zuseher besser informiert sind über die Themen und über die Menschen." Die Richterinnen und Richter seien dann das Publikum, das entscheide, ob es diese Personen wähle oder nicht. "Ich versuche die relevanten Fragen zu stellen", betonte Wolf.

Waltraud Langer, die Wolf nach eigenen Angaben bereits seit 1987 kennt, fragte dann auch noch nach seinem Tagesablauf vor einem ZiB-Interview. Wolf beschrieb seine Routine mit Aufstehen, Fitnesscenter, iPad-Lesen im Kaffeehaus, Mittagsschlaf und Arbeitsbeginn um 14 Uhr, wo er sich dann auf das aktuelle Interview vorbereite, indem er "möglichst viel lese zum Thema". Das Interview mit dem investigativen Krone-Journalisten Rainer Fleckl etwa sei erst um fünf Uhr ausgemacht worden, und er habe dann bis zur ZiB 2 noch das 250 Seiten lange Buch Inside Signa von ihm gelesen.

Das Stammtisch-Publikum erfuhr dann noch, dass Wolf vor seinem Interview mit Wladimir Putin "mehr gestrebert habe als vor meiner mündlichen Matura", er mit kaum einem Politiker per Du sei und 2008 einen Anruf von Stefan Petzner bekam, der ihn fragte, ob er nicht hinter Jörg Haider auf Platz zwei für das BZÖ antreten möchte. Je fortgeschrittener der Stammtisch wurde, umso mehr veränderte sich auch Wolfs Sprache. Dem stellvertretenden Chefredakteur der TV-Information erkannte man am Dialekt plötzlich an, dass er Tiroler ist. Am Stammtisch redet man eben, wie einem der Schnabel gewachsen ist. (Stefanie Ruep, 19.4.2024)