Die X-62A ist eine KI-gesteuerte Variante der F-16.
USAF/Kyle Brasier

Die US-Luftwaffe setzt die KI auf den Pilotensitz und dürfte dem Ziel des autonomen Waffensystems deutlich näher gekommen sein, wie aus einem Bericht der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) vom Donnerstag hervorgeht. Demnach konnte sich ein KI-gesteuerter Kampfjet bei einem Dogfight erfolgreich gegen einen menschlichen Piloten behaupten.

Die DARPA begann im Dezember 2022 im Rahmen ihres Programms Air Combat Evolution (ACE) mit KI-Anwendungen zu experimentieren. Ziel war es, ein KI-System zu entwickeln, das in der Lage ist, einen Kampfjet autonom zu fliegen und gleichzeitig die Sicherheitsvorgaben der Air Force einzuhalten. Erste Flugtests waren im Februar des Vorjahres erfolgreich, als eine X-62A Vista (Vista wie "Variable In-Flight Simulation Test-Aircraft") erfolgreich einen 17-stündigen Testflug absolvierte, DER STANDARD berichtete.

"Dogfights sind erst der Anfang"

Die ersten Luftkampfsimulationen wurden aber noch am Boden mittels VR-Brillen durchgeführt. Echte Piloten traten gegen die Künstliche Intelligenz an, und in der finalen Phase gelang es der KI, fünf von fünf Duellen für sich zu entscheiden. Bis eine unbemannte Maschine aber tatsächlich in die Luft steigen sollte, verging noch einige Zeit, denn der KI musste zuerst beigebracht werden, wie sie menschliche Piloten möglichst nicht gefährdet. Deshalb wurde die X-62A Vista entwickelt. Dabei handelt es sich um ein stark modifiziertes Trainerflugzeug auf Basis der F-16. In diesem sind immer zwei menschliche Piloten an Bord, die notfalls die Steuerung übernehmen können, sollte die KI zu gefährliche Manöver fliegen oder ganz versagen. In 21 Testflügen mussten über 100.000 Softwareänderungen vorgenommen werden, so die offizielle Mitteilung von DARPA.

Im September 2023 war es schließlich so weit, und die X-62A hob erstmals zu einem simulierten Dogfight gegen einen echten menschlichen Piloten in einer F-16 ab. Beide Flugzeuge gingen mit 1.900 km/h in einer Höhe von rund 600 Metern in den Nahkampf über. Die DARPA teilte jedoch nicht mit, wer am Ende siegreich aus der Konfrontation hervorging. Das autonome Flugzeug habe den Test erfolgreich absolviert und sei sowohl offensive als auch defensive Manöver geflogen.

Erfolgreiche Dogfights seien aber nicht das Ziel gewesen, sondern erst der Anfang der autonomen Kampfjets. "Der Luftkampf war das Problem, das es zu lösen galt, damit wir autonome künstliche Intelligenzsysteme in der Luft testen konnten", wird Bill Gray, leitender Testpilot an der Testpilotenschule der Air Force, in der Mitteilung zitiert.

F-16 als autonome Drohnen

Bei der US Air Force sind aktuell mehrere Projekte in Arbeit, die sich mit KI-gesteuerten Kampfjets befassen. So hat das Projekt Venom (Viper Experimentation and Next-Generation Operations Model, wobei Viper als Codename für die F-16 steht) zum Ziel, die alternden F-16 in autonome Drohnen umzubauen. Diese sollen als Flügelmänner von menschlichen Piloten der wesentlich moderneren F-35 dienen und sie im Einsatz unterstützen. Insgesamt sollen 1.000 Exemplare dieser sogenannten Collaborative Combat Aircrafts gebaut werden. Geplant sind derzeit Dreierformationen, bei denen jeweils eine bemannte F-35 mit zwei unbemannten F-16 als "Kraftmultiplikatoren" zum Einsatz kommen soll.

Im Februar gaben die US-Streitkräfte erstmals bekannt, dass sie maschinelles Lernen bei der Auswahl von Zielen für Luftschläge im Nahen Osten einsetzen. Eine Software soll etwa feindliche Raketenstellungen erkennen können und als mögliches Angriffsziel vorschlagen. 85 Luftangriffe sollen auf Basis der von der KI gefundenen Ziele geflogen worden sein, hieß es. (red, 19.4.2024)