Wie kann Österreich im globalen Index der Pressefreiheit unmittelbar vor Mauretanien liegen, wo die Scharia gilt? Wie können die USA auf Platz 55 landen? Das am Freitag, dem Welttag der Pressefreiheit, veröffentlichte Ranking von Reporter ohne Grenzen beschäftigt Userinnen und User, die Branche und die Politik. Wie kommt dieses globale Ranking der Pressefreiheit eigentlich zustande?

Wie viele Menschen bewerten in Österreich?

Die global aktive Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen mit Zentrale in Paris hat das Ranking 2022 neu aufgestellt. In diesem Jahr rutschte Österreich übrigens gleich von Platz 17 auf Platz 31 ab, knapp vor dem 2024 erreichten Tiefpunkt von Rang 32. Deutschland lag 2022 auf Platz 17, fiel dann auf 21 und steht 2024 auf Rang zehn, und die Branche diskutiert ebenso, woran das liegen könnte. Die Platzierung hängt wesentlich davon ab, wie andere Länder bewertet werden. Ein Land kann mit der gleichen Lage oder Punktezahl in der Rangliste auf- oder absteigen.

Die Rangliste basiert auf einem sehr umfangreichen, international vereinheitlichten Fragebogen zur Lage der Pressefreiheit im jeweiligen Land. Menschen, die die Situation im jeweiligen Land kennen, etwa Wissenschafterinnen oder Journalisten, werden von Reporter ohne Grenzen Paris eingeladen, den Fragebogen zu beantworten. Das Ergebnis hängt stark davon ab, welche Maßstäbe die Expertinnen und Experten hier anlegen.

Wie viele Menschen bewerten nun etwa die Pressefreiheit in einem Land wie Österreich? Reporter ohne Grenzen nennt die Namen der jeweiligen Bewerter und Bewerterinnen ebenso wenig wie ihre Zahl. In Österreich dürfte ihre Zahl aber jenseits der 30 liegen.

Wie definiert Reporter ohne Grenzen Pressefreiheit?

Pressefreiheit wird für das Ranking definiert als "die Fähigkeit von Journalisten als Einzelpersonen und als Kollektiv, Informationen im öffentlichen Interesse auszuwählen, zu produzieren und zu verbreiten, unabhängig von politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Einflüssen und ohne Bedrohung ihrer physischen und psychischen Sicherheit".

Der Gesamtindex eines Landes von 0 bis zu 100 Punkten aufgrund der Bewertungen im Fragebogen errechnet sich seit 2022 aus quantitativ erfassten Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit sowie gegen Medienunternehmen. Dazu kommt die qualitative Bewertung der Lage in den Ländern auf der Basis von 123 Fragen durch Journalistinnen, Forscher, Wissenschafterinnen und Menschenrechtsaktivisten, ausgewählt von der Pariser Zentrale von Reporter ohne Grenzen.

Was wird gefragt?

Unter den Fragen, die teilweise mit Ja oder Nein zu beantworten sind, großteils aber in Abstufungen von ganz bis gar nicht (und weiß nicht), finden sich etwa: Schützen Gesetze Journalistinnen und Journalisten beziehungsweise Medien vor missbräuchlichen Klagen oder Verfolgung? Gewährleisten Gesetze Pluralismus und redaktionelle Unabhängigkeit? Garantieren Gesetze die Vertraulichkeit von journalistischen Quellen? Garantieren Gesetze den Zugang zu öffentlicher Information? Schränken Gesetze Meinungs- und Redefreiheit entgegen internationalen Rechtsstandards ein? Garantieren Verfassung beziehungsweise Gesetze Meinungs- und Pressefreiheit?

Gefragt wird nach Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten, ihrer öffentlichen Diffamierung, Verfolgung durch Behörden, wurden Medienschaffende wegen ihrer Arbeit eingesperrt oder gar getötet, untersuchen Behörden Angriffe und Anschläge auf Journalistinnen und Journalisten?

Fünf Kategorien von Politik bis Sicherheit

Die Fragen und ihre Bewertung werden in fünf Bewertungskategorien für die Lage der Pressefreiheit strukturiert: Politik, Recht, Wirtschaft, soziokultureller Kontext und Sicherheit, daraus ergeben sich Gesamtpunkte und der Platz im internationalen Ranking, kombiniert mit der Zahl von Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten.

Für Österreich sah die – jeweils bis Ende Jänner durchzuführende – Bewertung in diesem Jahr so aus:

(fid, 3.5.2024)