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Die Ergebnisse des deutschen Forschungsprojektes zeigten deutliche Einbußen an ernährungs-physiologischen Parametern bei der Gemüselagerung, allen voran das Vitamin C, bei Temperaturen über Null Grad Celsius.

Das Tiefkühlgemüse weist ähnliche und zum Teil bessere Stabilität während einer Lagerzeit von bis zu 24 Monaten im Vergleich zu zweiwöchiger Lagerung bei 4 oder 20 Grad Celsius auf.

Foto: APA/dpa/Weihrauch
Systematische Untersuchungen mit aktuellen Vergleichsdaten über die Nährwert-Gehalte in frischem und in tiefgefrorenem Gemüse sind derzeit dünn gesät. Ernährungswissenschafterin Mechthild Busch-Stockfisch hat an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg mit einem Forschungsteam dazu geforscht und mit derStandard.at auch über das richtige Einfrieren anderer Lebensmittel gesprochen.

derStandard.at: Ist tiefgefrorenes Gemüse genau so hochwertig wie frisches? Oft wird ja behauptet, dass tief-gefrorenes Gemüse aus dem Supermarkt sogar frischer ist als solches, das in der Gemüseabteilung liegt.

Busch-Stockfisch: Tiefgefrorenes Gemüse ist, was die Nährwerte anbetrifft, nahezu genauso hochwertig wie feldfrisches Gemüse. Es ist auf jeden Fall besser als Gemüse, das bereits nur wenige Tage im Supermarkt gelegen hat. Bei Erbsen, Bohnen, Brokkoli und Spinat merkt man auch sensorisch fast keinen Unterschied, lediglich Karotten und Rosenkohl sind etwas weicher und gummiartiger.

derStandard.at: Was geschieht mit Lebensmitteln, wenn sie eingefroren werden? Welche Temperaturen herrschen dabei für gewöhnlich vor?

Busch-Stockfisch: Normalerweise werden Lebensmittel bei – 18°C gelagert. In unseren Untersuchungen konnten wir feststellen, dass das Absenken der Temperatur auf -25°C für Gemüse keinen großen Vorteil hat und über ein Jahr nicht zu nenneswert weniger Veränderungen führt. Für fettreiche Fischsorten (z.B. Lachs) wäre ein Absenken der Temperatur aber vorteilhafter, da Veränderungen des Fetts dadurch hinausgezögert werden. Lachs wird industriell auch bei -25°C gelagert.

derStandard.at: Wird durch das Einfrieren oder Auftauen die Zellstruktur mancher Lebensmittel zerstört und der Nährwert so herabgesetzt?

Busch-Stockfisch: Durch das Einfrieren werden durch die Bildung von Eiskristallen Zellstrukturen zerstört. Auf die Gefrierlagerung hat das keinen Einfluss. Erst beim Auftauen tritt Flüssigkeit aus der Zelle. Wird diese nicht mitverzehrt, entstehen Nährstoffverluste. Je fester die Zellstruktur ist und je weniger Zellflüssigkeit ein Lebensmittel hat, um so geringer sind die Verluste: Erdbeere ist wasserreich, Erbse hat eine festere Zellstruktur und ist wasserärmer. Kleinere Eiskristalle entstehen bei schnellem Einfrieren unter sehr tiefen Temperaturen. Langsames Auftauen führt ebenso zu geringeren Verlusten.

derStandard.at: Gibt es Unterschiede in der Haltbarkeit bei Fleisch, Fisch, Gemüse und Flüssigkeiten?

Busch-Stockfisch: Je höher der Fettgehalt bei Fisch und Fleisch, umso kürzer sind die Lagerzeiten oder umso tiefer müssten die Lagertemperaturen sein. Stark verlangsamt kann sich Fett verändern. Sechs Monate Lagerzeiten sind aber auch bei fettreichen Fleischsorten kein Problem. Fettarme Produkte können bis zu zwölf Monate gelagert werden, was auch für Gemüse gilt.

derStandard.at: Welche Lebensmittel sollte man lieber nicht einfrieren?

Busch-Stockfisch: Es gibt nicht viele Dinge, die man nicht einfrieren kann: Bananen, Äpfel, Birnen gehören dazu, d.h. Lebensmittel, die einem schnellen Oxidationsprozess unterliegen oder Salat, der wasserreich ist und dessen Blattstruktur zerstört wird, Gurken, die weich, schleimig und bitter werden, Stärke gebundene Suppen und Soßen - es entsteht ein Stärkeschwamm, aus dem irreversibel Flüssigkeit austritt.

derStandard.at: Macht es einen Unterschied ob Lebensmittel vorher gekocht oder gegart wurden oder ob sie frisch eingefroren wurden?

Busch-Stockfisch: Die Unterschiede sind unbedeutend, wenn schonende Garverfahren angewendet werden und wirklich feldfrische beziehungsweise schlachtfrische Produkte für den Garprozess eingesetzt werden.

derStandard.at: Was sollte man beim Einfrieren beachten und wie erhält man die Nährstoffe?

Busch-Stockfisch: Beim Einfrieren sollten Lebensmittel möglichst schnell schockgefrostet werden, wie es im industriellen Bereich passiert. Friert man zu Hause ein, sollte man den Gefrierschrank auf die Schnellfunktion stellen. Hier ist aber trotzdem der Prozess langsamer als in der Industrie.

derStandard.at: Was sollte man beim Auftauen beachten. Gibt es Unterschiede bei den verschiedenen Lebensmitteln?

Busch-Stockfisch: Ja es gibt Unterschiede. Kurzgebratenes sollte im gefrorenen Zustand gebraten werden (kleine Stücke). Große Bratenstücke im Kühlschrank langsam aufgtauen, bei normaler Kühlschranktemperatur über Nacht.

Ein ganzer Lachs sollte zum Beispiel im Kühlschrank bei Null Grad Celsius langsam aufgetaut und dann gegart werden. Er ist dann bereits weich und man vermeidet so Auftauverluste.

Gemüse im gefrorenen Zustand mit sehr wenig Wasser (nur Boden bedeckt) im geschlossenen Topf auf mittlerer Stufe garen. Oder auf hoher Stufe angaren und dann herunterstellen. So werden die Nährwert-Verluste gering gehalten und sind geringer als bei Gemüse, das lange gegart wird.

derStandard.at: Ist es ungesund, bereits eingefrorene Waren wieder einzufrieren, wenn sie schon aufgetaut wurden?

Busch-Stockfisch: Aufgetaute Speisen sollten kein zweites Mal eingefroren werden, da es während des Auftauens zu einem Mikroorganismenwachstum kommen kann. Werden aber Lebensmittel, zum Beispiel Fleisch, aufgetaut und anschließend sofort gegart für ein Fertiggericht, so ist das unbedenklich, weil hier die Mikroorganismen bei der Garung keine Chance haben, sich in bedenklichem Umfang zu vermehren.

derStandard.at: Kann Tiefgefrorenes auch ungesund werden?

Busch-Stockfisch: Tiefgefrorenes wird durch den Prozess nicht ungesunder als im frischen Zustand, im Gegenteil der Tiefgefrierprozess schützt Lebensmittel vor Verderb und mikrobiellen Veränderungen, was der Gesundheit nur zuträglich sein kann. (Marietta Türk, derStandard.at, 26.11.2007)