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Weil die Tiere auf der "Tenuta Vannulo" in Kampanien genüsslich tümpeln, wird die Mozzarella viel besser als ihr angeschlagener Ruf.

Grafik: DER STANDARD

Immer, wenn es in Italien besonders italienisch wird, war der Geheimrat schon da. Bei den kampanischen Wasserbüffeln südlich von Neapel beispielsweise. Am 23. März 1787 berichtet er in seinem italienischen Reisetagebuch von einer "ganz einzig lieblichen und fruchtbaren Gegend" unweit der griechischen Tempel von Paestum, wo er "den nilpferdischen Büffeln in die blutroten wilden Augen" sah.

So genau dürfte Goethe damals aber nicht hingeschaut haben - zumindest bei den Büffeln: denn die Augen der Tiere sind braun, haben lange Wimpern und wirken immer ein wenig traurig. Das tun sie selbst dann, wenn es ihnen prächtig geht - weil sie nämlich das Glück haben, zum Bestand der "Tenuta Vannulo" zu gehören, wo man sie auch aus nächster Nähe betrachten kann. Zum Beispiel dabei, wie ihnen eine sich drehende Bürstenkonstruktion von oben sanft den Nacken krault.

Ziemlich genau da, wo der deutsche Dichter vor mehr als zweihundert Jahren auf die schwarzen Riesen traf, steht heute die Vorzeigefarm von Antonio Palmieri, die ziemlich genau hundert Jahre alt ist. Palmieris Großvater hat nämlich 1907 den Betrieb mit acht Wasserbüffeln gegründet. Der Enkel hat es auf mittlerweile 500 Tiere gebracht - und zu einigem mehr: einer ansehnlichen Villa, einem Flügel im Wohnsalon und einem Maserati vor der Haustüre. Das klingt nicht gerade nach den typischen Wohlstandsinsignien eines erfolgreichen Biolandwirts. Doch genau das ist Signor Palmieri, der im Übrigen auch nichts vom Massenvertrieb seiner exquisiten Produkte hält. "Mozzarella und Ricotta gibt es bei uns ausschließlich ab Hof", sagt Marino Francesco, der auf der "Tenuta Vannulo" für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. "Im Frühjahr und Sommer sind wir spätestens zu Mittag ausverkauft."

Drinnen am Hof stellen sich gerade ein paar Büffelkühe an, um sich den Nacken kraulen zu lassen. Sie kommen aus der hochmodernen Melkanlage, wo ihnen sieben bis acht Liter Milch pro Tag abgezapft werden. "Das macht dann zwei bis drei Kilo Mozzarella", erklärt Marino Francesco. Nach der Nackenmassage geht es weiter zu den Rastplätzen.

In ihrem Gehege können sie zwischen einem matschigen und einem trockenen Bereich wählen oder sich in Einzelboxen zurückziehen. Geduscht wird in der Sprinkler- anlage, gebadet in einem großen Bassin. Dort liegen die schwarzen Kolosse fast regungslos bis zum Hals im Wasser. Das hilft gegen die Parasiten. Ansonsten vertraut man nach der Umstellung auf den biologischen Betrieb vor al- lem auf homöopathische Behandlungsmethoden.

Dass es den Büffeln auf der "Tenuta Vannulo" gut geht, ist ziemlich offensichtlich. Vor allem aber ist es riech-, fühl- und schmeckbar: Mit den geschmacklosen und geruchsneutralen Gummibällen aus dem Supermarkt, die in den meisten Fällen aus Kuhmilch hergestellt werden, hat diese exquisite Mozzarella di Bufala Campagna jedenfalls nichts zu tun: Außen ist sie fest und innen weich wie Topfen, sie schmeckt intensiv nach der nussigen Büffelmilch und entfaltet in Nase und Mund Aromen, die man den weißen Kugeln nie und nimmer zugetraut hätte.

Bis zu 400 Kilogramm Mozzarella und 60 Kilogramm Ricotta, die aus Milch, Salz und Molke gekocht wird, stellen die Mitarbeiter der "Tenuta Vannulo" täglich her. Von den knapp 30 Angestellten der Farm arbeiten die meisten auch in der farmeigenen Käserei und im Verkauf. Für die eigentliche Landwirtschaft ist der Personalbedarf deutlich geringer. Dazu kommen aber etliche neue Geschäftszweige, die sich der findige Farmbesitzer ausgedacht hat.

So werden aus der weichen Büffelhaut allerlei schicke Lederwaren hergestellt, die im farmeigenen Shop zum Verkauf angeboten werden und ihren Preis haben.

Und hinter dem Hofladen hat Signor Palmieri sogar ein Appartementhaus errichten lassen. Seine Gäste können die gesamte Produktpalette in Vollpension genießen. (Klaus Taschwer/DER STANDARD/Rondo/9.5.2008)