Irre ich mich, oder herrscht in unserer Gesellschaft ein allgemeiner Onkelverdruss, der sich in manchen Fällen sogar bis hin zur effektiven Onkelfeindlichkeit steigern kann? Faktum ist jedenfalls, dass der Onkel häufig, wenn er in einem zusammengesetzten Hauptwort auftritt, von einem Odium leichter Trottelhaftigkeit umweht wird, das mir, der ich meine Onkel schätze und verehre, immer einen kleinen Stich ins Herz gibt.

Zu nennen wäre in diesem Kontext der viel geschmähte Moralonkel, womit eine Persönlichkeit gemeint ist, die anderen gerne auf penetrante Weise ins Gewissen geht (der Spiegel bezeichnete einst Ulrich Wickert als Fernseh-Moralonkel; Presse-Chefredakteur Michael Fleischhacker unseren Bundespräsidenten usf.). Unter einem Weinonkel stelle ich mir einen Mann im fortgeschrittenen Lebensalter vor, der eine genussvolle Auseinandersetzung mit der Welt nur noch über das Schnüffeln am und das Süffeln aus dem Weinglas erfährt. Unter einem Pornoonkel dürfte man wohl einen greisen, sabbernden Lustmolch verstehen; der Lügenonkel hingegen ist das maskuline Pendant zur Märchentante, charakterlich ebenso verwerflich wie diese. Auch der in der Fehde zwischen Kollegen Fluch und FM 4-Mann Blumenau mehrfach auftauchende Diskurs-Onkel dürfte nicht eben als Ehrentitel gemeint sein.

Für den Fall, dass den p.t. Lesern noch ein paar andere böse oder blöde Onkel untergekommen sein sollten, bitte ich sie, uns an dieser Stelle über deren Existenz zu unterrichten.