Jean-Francois Julliard leitet seit 2008 Reporter ohne Grenzen.

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Getötete Journalisten bleiben Thema: Protest mit der Presse-Jacke eines Kameramanns, den Israels Armee 2008 tötete.

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STANDARD: Reporter ohne Grenzen geht noch bis Donnerstagabend in Wien der Frage nach, ob das Internet auf Kosten des Qualitätsjournalismus geht. Kein klassisches Thema Ihrer Organisation, die sich für Meinungsfreiheit einsetzt.

Julliard: Aus unserer Perspektive eröffnete das Internet Möglichkeiten der freien Meinungsäußerung, gerade in Staaten, wo die Medien unter staatlicher Kontrolle stehen wie China oder Vietnam. Aber das Thema Internet hat eine zweite, weniger erfreuliche Seite: Das Internet eröffnet Behörden auch neue Möglichkeiten, ihre Bürger zu bespitzeln und zu kontrollieren. 2008 wurden erstmals mehr Blogs und Onlinemedien von Behörden geschlossen als klassische Medien.

STANDARD:
Die Krise prägt derzeit die Medien. Welche Folgen sehen Sie für Medienfreiheit?

Julliard: Wirtschaftlicher Druck auf Medien und Journalisten bedeutet auch Druck auf Unabhängigkeit.

STANDARD:
Also mehr Abhängigkeit von öffentlichen Förderungen?

Julliard: Nicht nur: Sinken die Werbeeinnahmen, steigt die Abhängigkeit von immer weniger großen Anzeigenkunden.

STANDARD: Solche versteckte Zensur haben Sie sich als einen Schwerpunkt für Reporter ohne Grenzen vorgenommen, die sie seit Herbst 2008 als Generalsekretär führen.

Julliard: Robert Ménard hat Reporter ohne Grenzen 1985 gegründet, um Morde an Journalisten aufzuklären und Journalisten in Haft zu unterstützen. Aber die größte Gefahr für die Pressefreiheit 2009 sind nicht Morde an und Haft für Journalisten, sondern quasi sanfte Zensur, indirekte Zensur: wirtschaftlicher Druck oder politischer Druck über Verbindungen zu Medienkonzerne. Nehmen Sie etwa Frankreich, den Einfluss und die Verbindungen von Präsident Nicolas Sarkozy zu den großen Mediengruppen. (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 19.2.2009)