Wien - Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) darf die Aktion gegen den Finanzvertrieb AWD wegen angeblicher Falschberatung beim Verkauf von Immofinanz-/Immoeast-Papieren weiterhin "Sammelklage" nennen. Ein Wiener Rechtsanwalt sei mit einer Klage auf Unterlassung der Ankündigung ebensolcher Sammelklagen abgeblitzt, teilte der VKI am Donnerstag mit. Das Handelsgericht (HG) Wien habe den Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung abgewiesen und die Zulässigkeit von Sammelklagen betätigt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der AWD selbst hatte in der Vergangenheit immer wieder gegen den Begriff "Sammelklage" gewettert und dieselben Argumente vorgebracht wie Christian Haas, jener Anwalt, der nun eine Wettbewerbsklage eingebracht hat. Haas vertritt aber weder AWD-Kunden noch den Finanzvertrieb selbst, wie er heute erklärte. Er sei vor Gericht gezogen, weil sich einige mutmaßlich Geprellte bei ihm über die rechtlichen Rahmenbedingungen der VKI-Sammelklage erkundigt hätten. In Haas' Augen war die VKI-Ankündigung und -Klagseinladung irreführend. Die Klage hat der Jurist am 31. März eingebracht - just am letzten Tag, an dem sich mutmaßlich geschädigte AWD-Kunden der VKI-Aktion anschließen konnten. Haas will gegen den HG-Entscheid jedenfalls Rekurs einlegen.

Nach österreichischem Recht

Das Gericht geht laut VKI nämlich davon aus, dass die "Sammelklage" nicht mit der amerikanischen "class action" verwechselt werden könne. Die "Sammelklage nach österreichischem Recht", also die Abtretung der Ansprüche der mutmaßlich Geschädigten an den Verband und die Klage in Form einer Klagshäufung, sei in Lehre und Rechtsprechung anerkannt und im konkreten Fall (Vorwurf der fehlerhaften Anlageberatung) auch zulässig.

Der Begriff Sammelklage, führe das HG weiter aus, sei nicht dahingehend zu verstehen, dass die Teilnehmer ihre Forderung nicht abtreten müssen. Den geforderten Hinweis, dass "über jeden Anspruch im Verfahren gesondert entschieden wird", sehe das HG als irreführend an, weil damit fälschlicherweise nahegelegt werde, dass über die einzelnen Ansprüche jeweils getrennt verhandelt und entschieden wird. Der Vorteil der Klagenhäufung bestehe ja gerade in der größeren Prozessökonomie, die durch die Verbindung der gleichartigen Ansprüche entstehe.

Begründung des Gerichts

Auch dem Einwand des Klägers, der Durchschnittsinteressent würde bei einer Sammelklage nicht ersehen, dass er als Zeuge bei Gericht aussagen muss, habe das Gericht nicht folgen können. Außerdem sei dem HG der Vorwurf, dass die Sammelklage aus formellen Gründen abgewiesen werden könnte, "völlig unverständlich". Im Gegenteil: Bei Individualklagen sei die Abweisungsgefahr größer. Auch der Umstand, dass der Prozesskostenfinanzierer im Erfolgsfall eine Quote bekommt, sei den Teilnehmern nicht fremd. Worin hier eine "irreführende Verschweigung" liegen solle, sei "absolut unerfindlich", so das HG laut VKI.

An der VKI-Sammelklage gegen den AWD nehmen rund 2.300 mutmaßlich geprellte Anleger teil. Insgesamt hatten sich etwa 6.500 Personen bei dem Verein über die Vermittlung von Immofinanz-/Immoeast-Aktien durch den AWD beschwert. Die erste Sammelklage soll wie geplant im Mai oder Juni eingebracht werden.(APA)