Bild nicht mehr verfügbar.

Seit einigen Wochen finden sich auf österreichischen Webseiten Wohnungsanzeigen, die zu gut klingen, um wahr zu sein - und hinter denen meist kein Schnäppchen steckt, sondern der Versuch einer Abzocke

Foto: REUTERS

"Nun muss ich sicher wissen, ob Sie zustimmen, weil es hier viele Leute gibt, die ein Interesse an der Wohnung haben": Druck machen gehört zur Masche. Die E-Mails der Immobilienbetrüger sind meist standardisiert und weichen nur in einigen Details voneinander ab

Faksimile

Wien - Die erste dieser Anzeigen ging bei wohnnet.at vor circa einem Monat ein. Eine schicke Wohnung in zentraler Lage, renoviert und bestens ausgestattet zu einem äußerst günstigen Preis. Dass etwas nicht stimmen konnte, bemerkte Geschäftsführer Peter Erlebach, als sich Kunden beschwerten: Es seien komische Antwort-Mails gekommen, auf Englisch, die verdächtig klangen. Erlebach schaltete die Polizei ein. Seitdem hat das Immobilienportal eine Warnung vor Internetbetrügern auf seiner Homepage. Jede Anzeige, die verdächtig erscheint, wird gelöscht.

Versuch einer Abzocke

Erlebachs Erfahrung ist kein Einzelfall. Betreiber anderer Immobilienportale berichten Ähnliches. Seit einigen Wochen finden sich auf österreichischen Webseiten Wohnungsanzeigen, die zu gut klingen, um wahr zu sein - und hinter denen meist kein Schnäppchen steckt, sondern der Versuch einer Abzocke. Beispiel: 50 Quadratmeter für 300 Euro monatlich, 65 Quadratmeter für 760 Euro, provisionsfrei, Betriebskosten inklusive, und das in der Wiener Innenstadt. Oder in Linz, Salzburg, Graz.

Kaution gefordert

"In dieser Form ist das für uns neu", sagt Rudolf Unterköfler vom Bundeskriminalamt in Wien. Die Masche ist immer dieselbe: Der angebliche Vermieter ist nur über e-Mail erreichbar. Er sei im Ausland, schreibt er dann auf eine Anfrage in nicht ganz perfektem Englisch zurück, in Manchester zum Beispiel oder Liverpool. Das mit den Schlüsseln ließe sich regeln, schnell und unkompliziert, über Firmen wie TNT oder DHL. Man müsse nur eine Kaution überweisen, etwa über Western Union oder Money Graham. Als Treuhänder fungiere der Zustelldienst. Das Geld bleibe geparkt, bis man die Wohnung besichtigt habe. Dann könne man entscheiden, bekomme bei Nichtgefallen das Geld zurück.

Keine Treuhanddienste - Geld wird sofort abgehoben

Nur: Unternehmen wie TNT oder DHL bieten solcherlei Treuhanddienste gar nicht an. In Wahrheit wird das Geld abgehoben, sobald es einbezahlt ist, wie Ernst Neuner von der Kriminalpolizei in München sagt. In Deutschland und in der Schweiz ist das Phänomen schon länger bekannt. Seit Mai habe es in München "eine Unzahl an Mitteilungen" und 30 Anzeigen gegeben, sagt Neuner. In acht Fällen ist Geld bezahlt worden. Gesamtschaden: 7600 Euro.

Viele Anzeigen

Auch Martin Sorg von der Kantonspolizei Zürich spricht von "etlichen Fällen", die bekannt seien. "Wir haben wenig Geschädigte, aber viele Interessenten, die die Polizei informiert haben, weil sie stutzig geworden sind." In Österreich liegen derzeit zwei Anzeigen vor, wie Unterköfler sagt.

Täter agieren international

Über die Täter ist wenig bekannt. "Wir haben Hinweise, die nach Rumänien deuten", sagt Neuner von der Kripo München. Sorg aus Zürich spricht von einer möglichen "neuen Art der sogenannten Nigeria-Connection." Als sicher gilt, dass sich es um organisierte Gruppen handelt. Ermittlungen laufen, doch sie sind schwierig, weil die Täter international agieren und die Schadenssummen vergleichsweise niedrig sind.

Spuren führen überwiegend nach Großbritannien

Die unmittelbaren Spuren führen überwiegend nach Großbritannien, wie Neuner sagt. Von dort wird das Geld weitertransferiert. In einigen e-Mails nannten die angeblichen Vermieter aber auch Griechenland oder die Türkei als ihren Wohnort.

Bilder teilweise aus anderen Portalen heruntergeladen

Die Anzeigen werden häufig am Abend geschaltet oder zu Beginn des Wochenendes. Viele Portale kontrollieren ihre Inserate und löschen verdächtige Anzeigen. So bemerken sie diese aber erst am nächsten Tag oder am Beginn der neuen Arbeitswoche, wenn viele Leute schon darauf reagiert haben. Die Wohnungen existieren nicht oder die Inserate sind abgekupfert, die Bilder werden teilweise aus anderen Portalen heruntergeladen.

"Präventiv kann man sehr wenig machen - nur davor warnen, sich auf so etwas einzulassen", sagt Unterköpfler vom Bundeskriminalamt. Denn allein das Inserat, also die "Vorbereitungshandlung zum Betrug", sei nicht strafbar.

Vorsicht mit den Daten

Sein Kollege Claus Kahn rät zur Beachtung einer Grundregel: Know your customer. Den Vermieter persönlich zu sehen und sorgsam mit den persönlichen Daten umzugehen, sei eine der Grundvoraussetzungen. Komme einem der Vermieter unseriös vor, solle man den Kontakt abbrechen. Verdächtige Inserate solle man bei der entsprechenden Internetseite melden. Und wenn man trotzdem betrogen worden ist: eine Anzeige bei der nächsten Polizeistation. (Julia Raabe, DER STANDARD Printausgabe 12.12.2009)