Bild nicht mehr verfügbar.

Therapie mit Sauerstoff: eine mögliche Alternative für Patienten, die andere Medikamente nicht vertragen

Foto: APA/Franz Peter Tschauner

Die bislang besten Beweise für den Nutzen von inhaliertem Sauerstoff gegen so genannte Cluster-Kopfschmerzen hat eine Studie mit 76 Erwachsenen erbracht, die vor kurzem in der Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht wurde. Die stets als unerträglich heftig erlebten Qualen bei dieser Kopfschmerz-Art konnten bei nahezu vier Fünftel dieser Patienten binnen 15 Minuten adäquat gelindert werden, heißt es in einer Aussendung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.

"Seit mehr als 40 Jahren wird in allen Lehrbüchern der Neurologie und Schmerztherapie die Inhalation von reinem Sauerstoff bei Clusterattacken empfohlen, auch zeigte die klinische Erfahrung eine gute Wirksamkeit", erinnerte der Essener Neurologe und Kopfschmerz-Experte Professor Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. "Erstaunlich ist, wie lange es gedauert hat, bis eine wissenschaftlich sauber durchgeführte Studie die Wirksamkeit dieses Ansatzes bewiesen hat."

Extrem qualvoll

Clusterkopfschmerzen zählen zu den vier wichtigsten der 176 verschiedenen Kopfschmerzarten. Sie sind zwar vergleichsweise selten - schätzungsweise jeder Hundertste bis Tausendste hat Clusterkopfschmerzen - die Patienten erleben sie jedoch als extrem qualvoll. Geburtsschmerzen seien dagegen leichter auszuhalten, berichten weibliche Betroffene und ein erschreckend hoher Anteil jener Patienten, denen die Ärzte nicht helfen können, begeht Selbstmord. Typisch ist, dass die Attacken anfallsartig auftreten, immer auf derselben Seite des Kopfes und dort hinter dem Auge, in der Schläfe oder der Stirn wüten.

Der qualvolle Rhythmus gab dem Leiden seinen Namen

Seinen Namen (Cluster) hat dieser spezielle Kopfschmerz-Typ daher, dass die Qualen in einem regelmäßigen Rhythmus gehäuft wiederkehren - zum Teil täglich -, mitunter sogar jeweils zur gleichen Tageszeit, und zwischen 15 Minuten und drei Stunden anhalten. Behandelt wird das Leiden zuvorderst mit bestimmten Migränemitteln aus der Gruppe der Triptane. Diese müssen gespritzt oder als Nasenspray angewandt werden, um eine möglichst schnelle Wirkung zu erzielen. Sie sind wegen ihrer Nebenwirkungen beispielsweise für Herzpatienten nicht ratsam.

In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, in denen renommierte Experten die jeweils neuesten Erkenntnisse der Forschung für ihre Kollegen zusammenfassen, ist die Sauerstofftherapie bereits enthalten. Mit der jetzt veröffentlichten Studie dürfte sich deren Akzeptanz und Verbreitung in der Praxis aber weiter verbessern. Zu verdanken ist dies Anna S. Cohen und Brian Burns von der Kopfschmerzgruppe der Nationalen Klinik für Neurologie und Neurochirurgie in London, sowie Peter J. Goadsby, dem Leiter der Kopfschmerz-Abteilung an der Universität von Kalifornien in San Francisco, die mit ihrer Veröffentlichung die Sauerstofftherapie nun endgültig auf eine solide Basis gestellt haben.

Therapie mit Atemmasken

In ihrer Studie hatten die Neurologen die Teilnehmer im Gebrauch von Atemmasken unterrichtet und ihnen jeweils zwei Behälter mit nach Hause gegeben, die mit "Behandlung 1" und "Behandlung 2" gekennzeichnet waren. In einem der Behälter war reiner Sauerstoff, im anderen normale Atemluft, und die Patienten wurden instruiert, die beiden Behälter jeweils bei vier aufeinander folgenden Attacken abwechselnd zu benutzen. Dabei sollten sie notieren, ob sie nach 15 beziehungsweise 30 Minuten schmerzfrei waren und abschätzen, wie sehr sich die Schmerzen in der ersten Stunde verringerten. Mit 78 gegenüber 20 Prozent erwies sich der Sauerstoff in punkto "Schmerzfreiheit nach 15 Minuten" als eindeutig überlegen und auch nach einer halben Stunde betrug das Verhältnis 72 zu 24 Prozent zugunsten der Sauerstofftherapie. Während mehr als die Hälfte der Patienten bei einer Luftbehandlung auf zusätzliche Medikamente zurück greifen mussten, war es mit Sauerstoff nur etwa ein Viertel.

"Der große Vorteil der Sauerstofftherapie ist, dass sie offenbar keine Nebenwirkungen hat, leicht mit anderen Behandlungen zu kombinieren ist und mehrmals täglich angewandt werden kann", ergänzen die Autoren. Nun sei der Weg frei für eine häufigere Anwendung dieser Behandlung, die eine Alternative darstelle für diejenigen Patienten, die Triptane nicht einnehmen können. (red)