Als das Brummen, Tuckern und Knattern vorbei war, konnte Robert Schöffel endlich glücklich lachen. Denn als gut 20 Minuten nachdem er Samstagnachmittag seine rote Vespa auf dem Grazer Freiheitsplatz abgestellt hatte, immer noch Motorroller auf den Platz fuhren, war es amtlich: Abgesehen davon, dass die "Primavera", Schöffels Grazer Vespatreffen, mit 852 Scootern den Sprung ins Buch der Rekorde geschafft hatte (alter Rekord: 586 Roller), war auch sonst alles gut gegangen. Keine Unfälle, keine Verletzten, keine Saufgelage und keine Schlägereien. Mehr noch: Die Grazer hatten die Blockade der Innenstadt lachend und winkend begrüßt – und das Wetter hatte in letzter Sekunde von "nasskalt-unwirtlich" auf "frühlingshaft-italienisch" umgeschwenkt.

Foto: Thomas Rottenberg

Das Wetter war nicht nur Schöffels größte Sorge gewesen. "Die Anreise", erzählte die aus Wien bei strömenden Regen angereiste Laura Marko, "war ein Abenteuer. Aber lustig." Freilich: Marko und ihr britischer Freund ("den habe 2009 bei den Vespa World Days in Zell am See kennen gelernt. Er kam per Roller.") waren mit einem modernen Viertakter der italienischen Kult-Mopedschmiede unterwegs. Nicht nur sie. Etliche der aus ganz Österreich, Italien, Slowenien und Deutschland, aber auch aus Großbritannien angereisten "Vespisti" hatten ihre Klassiker daheim gelassen.

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Die bauchigen Fahrzeuge, mit denen die Legende vom Italo-Roller 1946 in einer Flugzeugfabrik bei Pisa begonnen hatte und die durch Filmklassiker wie Federico Fellinis "La Dolce Vita" zu Mobilitäts- und Designikonen wurden, sind heute altersbedingt Schönwetterfahrzeuge. So wie die mit Spiegeln überladenen 60er-Jahre Vespas der britischen Mods aus "Quadrophenia": Nur hartgesottene "Scooterboys" waren nach Graz auf alten Vespas mit Handschaltung gekommen – die Mehrheit hielt es wie der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagel und rollerte statt "modig" eben "modern".

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Vor zehn Jahren hätte das zu Authentizitätsdebatten über leise Automatikroller mit Viertaktmotor geführt. Doch das war einmal. Zum einen, erklärte Hubert Freiler, Marketingleiter des österreichischen Vespaimporteurs Faber ein, "weil Piaggio zur Formensprache der Sechzigerjahre zurück gefunden hat". Zum anderen, weil viele Buben, die mit dem Geruch von Zweitaktöl aufwuchsen, heute (manchmal) vernünftig denken. Eventmoderator Jürgen Peindl etwa war nicht der einzige, der fast enttäuscht wirkte, als er erfuhr, dass die hier gezeigte Elektro-Wespe "nur" ein Prototyp und Einzelstück war.

Foto: Thomas Rottenberg

Eventmoderator Jürgen Peindl etwa war nicht der einzige, der fast enttäuscht wirkte, als er erfuhr, dass die hier gezeigte Elektro-Wespe "nur" ein Prototyp und Einzelstück war.

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Beim 16 Kilometer langen Corso durch Graz wurden Männer aber doch wieder Buben. "Es ist absolut sinnfrei, aber es macht Spaß", meinte der Wiener Werbeagenturbeteiber Christian Krpoun – und setzte schelmisch grinsend nach, "und natürlich kann man das in keinster Weise mit einem GTI-Treffen vergleichen."

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Ganz ohne Botschaft wollte Importeursprecher Freiler die Veranstaltung aber nicht passieren lassen: "Viele Menschen erkennen, dass Roller in der Stadt praktisch sind – weil man besser durch den Stau kommt." Außer die Roller machen den Stau selbst. (Thomas Rottenberg)

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