Wien - Wer wissen will, ob er - oder sie - ein "echter Österreicher" ist, muss zuerst einen Fragebogen ausfüllen. Neben "Angaben zu den Vorfahren" bis hin zum Geburtsort sämtlicher vier Großeltern geht es darin um Essgewohnheiten. Man soll ankreuzen, ob man gern Meeres- und Süßwasserfische, Schweinefleisch beziehungsweise Schokolade isst.

Sodann wird hinter der Budel des Informationsstandes, der eine "Kennzeichnungspflicht für Ausländer" propagiert, von einem Mediziner im weißen Mantel zur Kopfvermessung geschritten. Dazu wird ein anthropometrisches Kopfmesswerkzeug - eines, wie es vor 60 Jahren auch die Nationalsozialisten zur Fest-stellung "rassenfremder" Merkmale verwendet haben - an Schädel und Schläfen angelegt.

Es folgen eine Herzuntersuchung mit dem Stethoskop sowie ein Mundhöhlenabstrich: "Die Auswertung findet vor den Augen des Probanden statt", schildert Testorganisator Peter Tappler, "wer ihn besteht, bekommt seine Urkunde sofort."

Die meisten Probanden, so Tappler, seien "höchst erleichtert" , wenn sie das Druckwerk in Händen hielten, das ihnen auf Glanzpapier und mit Edelweißmotiven dekoriert ihr Österreichertum zertifiziert. "Vor allem Migranten freuen sich irrsinnig" - und nähmen bereitwillig auch die Badges à zwei Euro mit.

Manchem älteren Semester wiederum falle als Zusatzbeleg der eigene Ariernachweis aus der Hitlerzeit ein. Empört seien lediglich "die Linken. Sie regen sich laut auf, dass Derartiges offenbar schon normal ist. Aber das ist es in Österreich inzwischen ja - ganz offensichtlich."

Denn was rund achtzig Prozent der Vorbeikommenden nicht durchschauen: Der "Österreichertest" ist satirisch gemeint. Ist eine Aktion, die sich der Stilmittel des "unsichtbaren Theaters" bedient, mit der Absicht, "Dinge an die Oberfläche zu bringen", wie Tappler erläutert.

Der Zuspruch für den Test in - bisher - zwei Wiener Fußgängerzonen macht den Chemiker und seine fünf Mitstreiter recht nachdenklich. "Das hiesige Diskussionsniveau ist erschreckend niedrig." Ein weiterer Test ist für kommenden Samstag angesetzt - in der Meidlinger Fußgängerzone. (Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 5.10.2010)