Die Montenapoleone fällt mit ihrem tiefen Scheinwerfer auf, der an die Vespas der 1950er Jahre erinnert.

Foto: Hersteller

Die PX kommt wieder – als Zweitakter mit 125 und 150 Kubikzentimeter und Handschaltung.

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Für rund eine Stunde habe ich letzte Woche der neuen Tiger versehentlich 12-Zöller aufgezogen. Verdammt blöder Fehler – und ein dramatischer Vertippsler. Auf einer Enduro ist ein 12-Zoll-Vorderrad sicher so praktisch wie ein Kolbenreiber. Aber heute stimmt es: 12-Zoll! Vorne und hinten. Nur heute geht es auch nicht um eine Enduro, sondern um eine der wohl schönsten Vespas, die es derzeit für Geld zu kaufen gibt: Die Vespa GTV 300 Montenapoleone.

Für Geld zu kaufen, heißt aber auch, ein wenig tiefer ins Tascherl zu greifen. Bis auf 5699 Euro runter! Und das ist der aktuelle Aktionspreis. Laut Liste sind es noch mehr. Aber um diesen Betrag bekommt man dann halt auch was Feines. Das ist wie ein Maßanzug. Den gibt es auch nicht um 100 Euro beim Fetzentandler ums Eck.

Faro basso

Am auffälligsten ist wohl der Scheinwerfer. Er sitzt wie bei den 50er-Jahre Vespas am vorderen Kotflügel. Was die Japaner vermutlich als adaptives Kurvenlicht extrig anpreisen würden, heißt bei Vespa nur "tiefer Scheinwerfer". Auf italienisch klingt das aber edler: Faro basso. Genauso wie Montenapoleone. Frauen wissen sofort, was der Name bedeutet – Männer erkennen die Via Montenapo, wie sie die Mailänder nennen, nur, wenn sie dort schon Kreditkarten-Rechnungen gesammelt haben.

Kess ist die geteilte Sitzbank. Territorial-Probleme sind damit vollkommen erledigt. Praktisch ist, dass aber beide Sitzerl so montiert sind, dass man sie aufklappen kann, als wären sie eine durchgehende Sitzbank. Weitere fesche Details sind die Windschutzscheibe und der Retro-Packlträger. Die Test-Montenapo hatte zudem auch noch feinstes Schuhwerk, wie man das von den Italienern kennt, und blitzte mit Chrom-Felgen.

Kurzum, die GTV 300 ist ein Designstück, das einen schmückt wie eine edle Uhr. Das Retro-Design besticht halt und zieht sogar die Blicke beinharter Roller-Verweigerer auf sich. Da schaut sogar der derb angezogene Halbschalen-Träger auf seinem Schwermetall ungewöhnlich lange hin und nickt dabei sogar leicht.

Starker und bewährter Motor

Einen Roller hat man aber nicht, um damit gut auszusehen. Zumindest nicht nur. Und beim Fahren erlaubt sich die Vespa keine Schwächen. Für den Antrieb griff man in Pontedera einfach ins Regal, wo die 300er-Vespa-Motoren liegen. Das heißt für die Montenapoleone: 21 PS bei 7500 Umdrehungen und etwas mehr als 22 Newtonmeter bei 5000 Umdrehungen. Das reicht für rund 130 Stundenkilometer und jede Menge Pokale im Stadtverkehr.

Einziges Manko, das echte Retro-Fans anmelden werden, ist die Variomatik. Immer wieder werden von eingefleischten Vespa-Fans Rufe nach der alten Handschaltung laut. Glücklich sind jene, die noch eine alte Primavera haben. Zweitakt-Sound, der Geruch nach verbranntem Öl und eben die Handschaltung. Wer bei solchen Erinnerungen feuchte Augen bekommt, wird jetzt Schwitzehände kriegen:

Die PX kommt wieder

Die PX kommt wieder. Als 125er- und 150er-Zweitakter mit Viergang-Handschaltung. Auf der EICMA stellte Vespa ein erstes Modell bereits aus. Ab Februar 2011 wird es sie bei uns geben, und "sie wird zwischen 3500 und 3600 Euro kosten", schätzt moto mobil-Chef Michael Bernleitner, der schon vor Wochen mutmaßte, dass die PX kommen wird. Er leitete das unter anderem daher, "weil im Piaggio-Ersatzteilverzeichnis nun wieder PX-Motorgehäuse auftauchen". Die Motoren wird Vespa bauen, das Blechkleid wird in Indien gefertigt – von der Firma, die in der Vergangenheit auch schon LML belieferte.

Natürlich – also aus Umweltschutzgründen – wird sich dort und da, wie bei der Leistung, etwas ändern, damit der Zweitakter legal auf unseren Straßen rauchen darf. Und die PX fährt auf 10-Zöllern, und die haben einen ganz entscheidenden Vorteil: Da fällt ein Zahlendreher auch einem Schlampertatsch wie mir sofort auf.