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Foto: AP/Pustina

Das Zentrum von Tirana ist seit Jahren eine riesige Baustelle, um die Luxus-autos mit meist ausländischen Kennzeichen kreisen, ohne sich um Ampeln zu kümmern. Die Baustelle auf politischer Ebene wurde nun wenigstens aufgelöst. Albaniens Hauptstadt hat wieder einen Bürgermeister. Nach monatelangem juridischem Gezerre um das Wahlergebnis - nach der ersten Auszählung lag der bisherige Stadtchef Edi Rama vorn - wurde der konservative Herausforderer Lulzim Basha am Dienstag vereidigt. Nach der zweiten Auszählung bekam er 93 Stimmen mehr als Rama. Basha will nun eine neue Stadtplanung, mehr Grünflächen und die Lösung des Verkehrsproblems. Ob ihm das gelingt, ist allerdings fraglich, denn die mächtigen Bauunternehmer haben sich bisher nicht um die Interessen der Bürger gekümmert.

Und Basha konnte sich bisher nicht aus der Rolle des Befehlsempfängers lösen. Seit Jahren ist er unter Premier Sali Berisha Minister und ein treuer Erfüller der "Parteiinteressen" . Er machte sich als Verkehrsminister verdient, als es um die Autobahn in den Kosovo ging - Untersuchungen gegen ihn wegen Korruption führten zu nichts. Dann ebnete er als Außenminister den Weg in die Nato. Auch die Ausschreitungen am 21. Jänner, bei denen vier Demonstranten von der Republikanischen Garde erschossen wurden, schadeten ihm als damaligem Innenminister nicht. Im Wahlkampf für den Bürgermeisterposten brachte der 37-Jährige sogar viele Intellektuelle hinter sich.

Basha, der in den Niederlanden Jus studierte und dann für das Haager Kriegsverbrechertribunal im Kosovo arbeitete, trat 2005 der Demokratischen Partei bei, die außer antikommunistischer Rhetorik nicht besonders ideologisch ist, sondern ebenso wie die sozialistische Opposition Interessen von Wirtschaftskreisen vertritt.

Manche sehen in Basha Berishas Kronprinzen. Andere meinen, dass man von dem Herrscher, den man beerben will, nicht zu weit entfernt, ihm aber auch nicht zu nahe sein sollte, um nicht mit ihm unterzugehen. Basha steht Berisha jedenfalls sehr nahe. Nur ist er viel höflicher, verwendet keine derben Ausdrücke und droht nicht. Basha ist das freundliche Gesicht der Partei. Und vielen Albanern reicht das schon, um ihn zu mögen. Wenn er aber sagt, dass in Tirana nun kein Platz mehr für politische Konflikte sei, ist das unrealistisch. Privat spielt Basha, der verheiratet und Vater einer fünfjährigen Tochter ist, gerne Volleyball. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 28.7.2011)