Personal- Professorin Jutta Rump: Millennials sind keine Pampers- Generation, funktionieren aber nicht nach dem Motto "Leben, um zu arbeiten". Leistung ist für sie verbunden mit Freude an und Sinn in der Arbeit.

Foto: FH Ludwigshafen

STANDARD: Sie sagen, das nunmehr akut notwendige Generationenmanagement in Unternehmen werde sich mit Konflikten zu beschäftigen haben?

Rump: Es treffen in Unternehmen zunehmend vier Generationen aufeinander: Babyboomer (ab Mitte der 1940er-Jahre geboren), die Generation X (in den 60er- und 70er-Jahren geboren), die Generation Y (ab 1980 geboren) und die Millenniumbabys - Generation Z. Das vor dem Hintergrund verlängerter Lebensarbeitszeiten, weniger Nachwuchs und Fachkräfteengpässen. Unternehmen kommen da also um ein Management mehrerer Generationen gar nicht herum. Das heißt aber, dass die Babyboomer und Teile der Generation X die interessanten Stellen noch länger besetzen werden, sie sehen, dass die Älteren sitzen und diese Stellen blockieren. Das erzeugt das Gefühl einer permanenten Glasdecke, gleichzeitig wissen sie, dass ihre Laufzeit auf dem Arbeitsmarkt gut 45 Jahre betragen wird. Das bringt erhebliche Konflikte in puncto Chancen und Perspektiven.

STANDARD: Sie betrachten die Elite der Naturwissenschafts- und Betriebswirtschaftsabsolventen, die wie kleine Edelsteine gehandelt werden?

Rump: Nein, ich spreche von all den Jungen, die einen Abschluss haben, ich spreche nicht von Exzellenzgruppen.

STANDARD: Die nach 1980 Geborenen werden oft als "Surf- und Snowboard-Generation" bezeichnet, Leistungswille wird ihnen abgesprochen. Stimmt das also ganz und gar nicht?

Rump: Die sind keine Pampers-Generation! Schauen Sie sich die Stunden- und Freizeitpläne dieser Leute von klein auf an: Die stehen gewaltig unter Leistungsdruck.

STANDARD: Aber sie wissen auch die Macht der Demografie hinter sich.

Rump: Ja, deswegen prallen auch Wertewelten im Arbeitsleben aufeinander: Bei den Babyboomern ist Leistung verbunden mit Pflicht und Disziplin. Bei der Generation Y ist Leistung mit Freude an und Sinn in der Arbeit verbunden. Die Älteren haben das Motto "Leben, um zu arbeiten", die Jungen haben es umgedreht und arbeiten, um zu leben. Das wirft traditionelle Ordnungen in Organisationen total durcheinander.

STANDARD: Auch was die Ansprüche an die sogenannte Work-Life-Balance betrifft?

Rump: Vereinbarkeit ist für die Jungen ein Wert, nicht eine Modeerscheinung. Das Rollenverständnis ist anders, bei Jungen tatsächlich partnerschaftlich. Das wirft traditionelle Arbeitszeitmodelle durcheinander. Frauen werden nun sehr schnell höhere Teilhabe am Erwerbsleben haben. Die Arbeitswelt wird weiblicher - das wird mit demografischen Treibern auch nachgefragt. Aber: Die Rahmenbedingungen in Unternehmen sind männlich. Karriere heißt meist Vollzeit, muss zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr gemacht werden und stützt sich auf Netzwerke - das ist männlich und wird so nicht weiter bestehen können, wenn Unternehmen alle Potenziale des Arbeitsmarktes nutzen wollen - und aufgrund der Alterungssituation auch müssen.

STANDARD: In den Studien zum Wunschkatalog der Jungen ist Geld nicht vom Thron gestoßen, obwohl jene, die gute Abschlüsse haben und daher besonders begehrt sind, überwiegend aus gut aufgestellten Familien, meist als Einzelkinder, kommen. Geld bleibt zentral?

Rump: Geld ist allen Generationen wichtig. Für die Generation Y reicht es allein aber nicht mehr aus, Immaterielles hat in der Bedeutung gleichgezogen - vom Sabbatical bis zum sozialen Engagement des Arbeitgebers.

STANDARD: Das klingt nach heftigem Wind des Wandels für Unternehmen ...

Rump: Über all das reden wir ja schon einige Zeit. Jetzt sind aber die Schmerzen groß genug, dass Unternehmen munter werden: Sie können ihre Aufträge nicht mehr erfüllen, finden die Leute nicht, die sie brauchen, oder verlieren sie schnell wieder. Der Wind ist tatsächlich heftig geworden. Ohne Management von Vielfalt wird diese demografische Herausforderung nicht zu bewältigen sein.

STANDARD: Was heißt das konkret für die Personalpolitik?

Rump: Personalpolitik muss Investitionspolitik sein. Wer glaubt, dass es beim Thema Personal noch immer um eine "weiche" Sache geht, wird die demografische Herausforderung nicht schaffen. Und sie ist schon da. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.8.2011)