Dem "schwarzen Humor Gottes" schrieb ein Kommentator die Existenz der riesigen Gasreserven im Levantinischen Becken zwischen der Insel Zypern und der Küste (mit Ägypten, Israel, Gazastreifen, Libanon, Syrien und der Türkei) zu - also Staaten und Konflikte involvierend, die eine friedliche Aufteilung der, wenn man so will, Gottesgabe nicht gerade begünstigen. War die Ausgangslage bei der Entdeckung vor ein paar Jahren bereits schlecht, so ist sie heute noch problematischer: Zum alten Nahostkonflikt, der die Region seit Jahrzehnten im Griff hat, kommt die erhöhte Aggressivität der Türkei.

Zwischen Israel und dem Libanon flogen bereits explizite militärische Drohungen hin und her, wobei in der vergangenen Zeit die Rhetorik wieder etwas besser unter Kontrolle ist. Anfang September richtete sich der Libanon mit einer Beschwerde an die Uno. Beide Seiten wollen jedoch weiterhin ihre Gasfelder voreinander "verteidigen" - und zu fürchten ist immer, dass die momentan wegen des Aufstands in Syrien und den Anklagen im Hariri-Tribunal hochnervöse libanesische Hisbollah, die Israel vor "dem Diebstahl der libanesischen Ressourcen" gewarnt hat, einen Konflikt provoziert. Der letzte israelisch-libanesische Krieg ist erst fünf Jahre her.

Grenze zwischen Feinden

Ausgebrochen war die Krise, als Geologen bestätigten, dass die vor der israelischen Küste entdeckten Felder (Tamar und Leviathan) auch in libanesische Gewässer hineinreichen. Während Zypern und Israel im Dezember 2010 - zum Ärger der Türkei (siehe oben) - ihre Seegrenzen gemeinsam festlegten, blieb dieser bilaterale Weg den sich im Kriegszustand befindlichen Ländern Israel und Libanon verschlossen.

Der Libanon - der im August 2010 erst das für die Exploration fossiler Energien nötige Gesetzeswerk schaffen musste - deponierte seine Vorstellungen von der Seegrenze mit Israel im Frühjahr 2011 bei der Uno, worauf die israelische Regierung im Juli ihre eigene - abweichende - Demarkationslinie vorlegte, "innerhalb welcher der Staat Israel ausschließliche ökonomische Rechte genießt, einschließlich des Rechts, die Ressourcen auszubeuten". Israel ließ seine Version der Seegrenze von der Knesset absegnen, das Gleiche tat der Libanon im August in seinem Parlament.

Ein Teil des Problems kommt daher, dass Israel nicht Vertragsstaat der Uno-Seerechtskonvention ist, die eine "Ausschließliche Wirtschaftszone" (EEZ) von 200 Seemeilen (370 Kilometer), gezogen von der Basislinie des Küstenstaats, vorsieht, in der ein Staat ausschließliche Rechte auf ökonomische Nutzung hat. Libanon wirft Israel vor, sich an seiner EEZ zu vergreifen. Israel führt jedoch an, dass die jetzigen Vorstellungen des Libanon von früheren, von Beirut selbst mit Zypern akkordierten Grenzlinien abweichen. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 28.9.2011)