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Ernst Strasser, Ex-ÖVP-Politiker unter Korruptionsverdacht.

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Interviewversuch Nr. 1

Foto: derStandard.at

Interviewversuch Nr. 2

Foto: derStandard.at

"I'm open for that, yes!", so bereit war Ernst Strasser einst im Gespräch mit Journalisten. Vielleicht deshalb, weil er glaubte, es seien keine. Heute verweigert er hartnäckig jedes Interview (siehe Screenshots der Anfrage-Versuche links). Der ehemalige ÖVP-Politiker und Europa-Parlamentarier bedankt sich freundlich für das Interesse, verweist bei Anfragen aber auf seinen Anwalt. "Ich weiß nur, dass die Behördern weiter ermitteln", sagt dieser im Gespräch mit derStandard.at. Er sei in Kontakt mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Nun müsse man eben warten, bis die Fakten alle auf dem Tisch liegen, vorher will sich Thomas Kralik an keinen Spekulationen beteiligen.

Material bereits in Wien

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft gibt bekannt, dass die Ermittlungen weiterhin andauern. In Zusammenarbeit mit den Behörden in Frankreich und Belgien sowie mit dem EU-Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) seien verschiedene Hausdurchsuchungen und Einvernahmen getätigt worden. Strasser selbst wurde bereits mehrfach befragt. Alle im Ausland sichergestellten Daten und Dokumente seien nun bereits in Wien eingelangt, die "sehr umfassende Prüfung" erfolge nun in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung. Man stehe zudem in Kontakt mit den Journalisten der Sunday Times, die die Korruptions-Affäre um Strasser ins Rollen gebracht haben.

Auch von Seiten der Staatsanwaltschaft will man sich nicht auf Spekulationen einlassen, bis wann die Ermittlungen abgeschlossen werden können. Anwalt Kralik meint dazu nur scherzhaft, dass er sich um eine Verjährung keine Gedanken mache. "Da viele Faktoren außerhalb des Einflussbereiches von OLAF auf die Ermittlungen einwirken", kann man auch von OLAF keine Voraussagen machen, wann die Untersuchungen beendet sein könnten.

Die Affäre

Gegen Strasser wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Er war gefilmt worden, als er britischen Undercover-Journalisten, die sich als Lobbyisten ausgaben, seine Dienste bei der Einbringung einer Gesetzesänderung im EU-Parlament anbot. Der frühere ÖVP-Politiker gibt an, er habe gewusst, dass die Lobbyisten nicht echt seien und versucht, die Hintermänner auszuforschen. Eine angebliche Selbstanzeige Strassers beim Finanzministerium hat dessen Steuerberater Michael Kotschnigg gegenüber DER STANDARD weder bestätigt noch dementiert und betont: "Strasser steht nicht im Verdacht, Geld genommen und Geld nicht versteuert zu haben. Er hat kein Problem mit der Finanz, und auch die Finanz nicht mit ihm."

Das Blaulicht

Zudem ist Strasser mittlerweile auf einer anderen Baustelle ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt, nämlich der sogenannten "Blaulicht-Affäre". Demnach soll die Telekom an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly 1,1 Millionen Euro unter dem Projekttitel "Infotech" gezahlt haben, die aber ursächlich im Zusammenhang mit der Neuvergabe des Polizeifunkprojekts des Innenministeriums stehen sollen. Unter dem damaligen Innenminister Strasser wurde der Auftrag dem Konsortium mastertalk entzogen und an ein Konsortium von Motorola und Alcatel vergeben, die Telekom Austria war Zulieferer und hat laut Medienberichten mehr als 50 Millionen Euro durch das Geschäft verdient. Die Anwälte von Mensdorff-Pouilly und Strasser weisen alle Vorwürfe zurück. (rasch, derStandard.at, 29.9.2011)