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Mike Tyson schenkt Trevor Berbick ein.

Foto: APA/AP/Byzac

Wien - Es war gewiss kein großer Klassiker, kein "Thrilla in Manila" und schon gar kein "Rumble in the Jungle", dafür ging im Endeffekt alles viel zu schnell. Und dennoch war der 22. November 1986 ein denkwürdiges Datum für den Boxsport. Mike Tyson krönte sich im Alter von 20 Jahren und 144 Tagen zum jüngsten WBC-Schwergewichtsweltmeister der Geschichte. Der seinen Titel verteidigende Trevor Berbick hatte an jenem Abend in Las Vegas nichts entgegenzusetzen.

Der Herausforderer als Favorit

Der gebürtige Jamaikaner Berbick war 32 Jahre alt, als er gegen Tyson in den Ring stieg. Acht Monate zuvor hatte er den US-Amerikaner Pinklon Thomas in Vegas bezwungen und sich damit zum Weltmeister gekrönt. Als Routinier galt er zu diesem Zeitpunkt längst, boxte er doch bereits 1981 gegen Larry Holmes um den Titel. Berühmt wurde er aber vor allem als letzter Gegner von Muhammad Ali. Auf den Bahamas verabschiedete er Ali, der seinen Zenit längst überschritten hatte und bereits erste Krankheitszeichen aufwies, in die wohlverdiente Pension.

Tyson wiederum eilte ein furchteinflößender Ruf voraus. 1985 stieg der Mann aus New York ins Profigeschäft ein, die Bilanz seines erstens Jahres: 15 Siege in 15 Kämpfen. Sechs Siege durch Knockout, neun durch technischen Knockout. Nicht weniger als elf Gegner waren in der ersten Runde erledigt, ein einziger durfte bis in die vierte gehen. 1986 legte Tyson zwölf weitere Siege nach, unter anderem gegen Joe Fraziers Sohn Marvis, ehe ihm der WM-Kampf gegen Berbick angeboten wurde.

Obzwar Berbick als erfahrenerer Boxer galt, rechneten die meisten Experten mit einem Sieg des Herausforderers, zu beeindruckend war dessen Urgewalt im Ring. Für Tyson selbst war Berbick wohl ein Opfer wie alle anderen Gegner zuvor, dementsprechend brachte er dem amtierenden Champion auch wenig Respekt entgegen und meinte in einem TV-Interwiew: "Den Fight verlieren? Vielleicht wenn ich mir beide Arme abhacke." Zudem zog Tyson eine schwarze Short an, obwohl Berbick als Titelverteidiger bereits dieselbe Farbe gewählt hatte. Er zog die Geldstrafe einer anderen Hose vor.

Ein Schlag, drei Mal am Boden

Der Kampf erfüllte die Erwartungen: Tyson fand rasch seinen Weg durch Berbicks Deckung, der zwar den ersten Gong dank seiner Nehmerqualitäten noch erleben durfte, in der zweiten Runde aber erstmals zu Boden ging. Kurz darauf folgte der entscheidende linke Aufwärtshaken. Der Schlag traf den Weltmeister mit brachialer Gewalt. Die Information benötigte rund eine halbe Sekunde, um bis zu Berbicks Gehirn vorzudringen, dann sank er mit Verzögerung zu Boden. Der verzweifelte Versuch, auf den wackeligen Beinen Halt zu finden, scheiterte zwei Mal kläglich. Ein einziger Schlag fällte den Champion drei Mal. Dann hatte Ringrichter Mills Lane ein Einsehen.

Nach zweieinhalb Minuten in der zweiten Runde verkündete der Ringsprecher Michael Tyson als neuen "WBC-Heavyweight Champion of the World". "Ich bin der jüngste Champion und ich werde der älteste sein", ließ der neue Weltmeister nach dem Kampf wissen. Viele Beobachter hielten diese Prognose damals für realistisch. Tyson sollte in weiterer Folge die zwei restlichen WM-Titel vereinigen, bis dem als unschlagbar geltenden Boxer 1990 sensationell eine Niederlage gegen Buster Douglas wiederfuhr. Tyson soll schlecht vorbereitet in den Ring gestiegen sein. Nach drei Jahren hinter Gittern konnte Tyson zwar noch einmal den WBC- und WBA-Titel gewinnen, die alten Glanzzeiten waren aber bereits Geschichte.

25 Jahre nach seinem Titelgewinn schreibt Tyson über den Kurznachrichtendienst Twitter: "I didn't realize it was the 25th anniversary of my career until I flipped the TV on this morning." Und fügt hinzu: "Where did the time go. I 'm just grateful, I am still here because too many of us aren't." Einer von denen, die nicht mehr da sind, ist Trevor Berbick. Er wurde am 28. Oktober 2006 auf Jamaika tot aufgefunden, sein Neffe als Mörder verurteilt. (derStandard.at; 23. November 2011)