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Kreative Lösung in Ungarn: Die dortige Zentralbank presst alte, aus dem Verkehr gezogene Forint-Scheine zu Briketts.

Foto: Reuters/Balogh

Wien - Die anhaltende Kältewelle wirft den Stromfluss in Europa gehörig durcheinander. Traditionelle Exportnationen sind auf einmal auf Importe angewiesen. Wer bei Strom auf Importe baute, schaltet mit Blick auf die gestiegenen Preise rasch auf Exporte um. In Österreich laufen Kraftwerke seit Tagen auf Hochbetrieb - mit zusätzlich angeworfenen aus der Reserveliga leistet man zudem Stromhilfe für Deutschland. Die Folge: Durch die österreichischen Netze fließt derzeit so viel Energie wie nie zuvor.

Hart auf die Probe stellen die eisigen Temperaturen vor allem die Franzosen. Und darüber hilft auch ihre Atomenergie, die ansonsten für Überschüsse sorgt, nicht mehr hinweg. Es sind ihre vielen Stromheizungen, die den Verbrauch explodieren lassen. Knapp ein Drittel der Haushalte wärmt sich damit. Effizientes Energiesparen war nie ihre Sache, kritisieren Grün-Politiker. Nun muss Europas größter Atomstromproduzent Energie verstärkt aus dem Ausland einführen. Deutschland, das den Atomkraft-Ausstieg plant, und Großbritannien helfen aus. An der Pariser Börse übertraf der Strompreis jenen in Deutschland zeitweise um das Dreifache. Es sei eine Ausnahmesituation, beeilte sich die französische Regierung zu betonen.

Italien hingegen als traditionell starker Importeur besann sich angesichts der stolzen Preise auf eigene Kapazitäten. An sich unrentable, zum Teil mit Öl gespeiste Werke, wurden ans Netz geholt, um die hohe Nachfrage in Europa zu bedienen.

Deutschland profitiert von starker Windkraft, doch die ist volatil. Ist es zudem lang kalt und trocken, kann es bei den noch bestehenden Atomkraftwerken zu kurzfristigen Ausfällen kommen. Wegen zu geringer Lieferungen aus Russland musste überdies ein Gaskraftwerk vom Netz genommen werden.

Um Stromengpässe zu verhindern, setzten deutsche Versorger daher erstmals Reservekraftwerke ein - Steinkohlegeneratoren etwa. Und sie forderten zusätzliche Kapazitäten aus Österreich an. Der Stromproduzent Verbund wollte sein steirisches Ölkraftwerk Neudorf-Werndorf heuer ursprünglich gar nicht anfeuern. Für einen Tag läuft es morgen, Freitag, dennoch an - um bis zu 150 Megawatt über die Grenze zu liefern, wie ein Verbund-Sprecher bestätigt. Bis Ende Februar kann Deutschland dort Energie ordern.

Die EVN hält für die deutsche Betreibergesellschaft Tennet 785 Megawatt bereit. Dafür angeworfen werden die Gaskraftwerke in Theiß und Korneuburg. Nach einem Mal im Dezember war es laut einem Konzernsprecher am Mittwoch wieder so weit. Korneuburg diente nur dem Export, in Theiß liefen dafür einige Turbinen.

Einige kleine Wasserkraftwerke stehen derzeit aufgrund der klirrenden Kälte still. Ansonsten seien alle voll im Betrieb, was nicht wirklich oft vorkomme, wie es bei der EVN heißt. Die Übertragungsnetztochter Austrian Power Grid spricht von noch nie dagewesenen Lastspitzen von mehr als 10.000 Megawatt in Österreichs Netz: Das sei herausfordernd, beweise, dass ein Ausbau der Netze geboten sei. Bisher seien sie dennoch stabil.

Forint zum Heizen

Heizmethoden der besonderen Art pflegt Ungarn. Die ungarische Zentralbank presst alte, aus dem Verkehr gezogene Forint-Scheine zu Briketts. Ihr Brennwert ist mit dem von Braunkohle vergleichbar. In Flammen aufgegangen, helfen sie karitativen Organisationen durch den Winter. (Verena Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 10.2.2012)