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Der so oft wiederholte Vorwurf, dass in Österreich Arbeit zu hoch und Kapital zu niedrig besteuert werden, trifft einfach nicht mehr zu.

Foto: Armin Weigel dpa/lhe

Der Obmann des Verbandes Immobilien in der Wirtschaftskammer, Thomas  Malloth, hat bei der neuen Immobilienbesteuerung vor kurzem kritisiert, dass Wertzuwächse, die nur der allgemeinen Preissteigerung entsprechen und daher dem Besitzer gar nichts bringen, in Zukunft genauso mit 25 Prozent besteuert werden wie reale Zuwächse - also jene, die über der Inflationsrate liegen.

Malloth fordert hier eine Anpassung, sodass nur reale Gewinne der Immobilienbesteuerung unterliegen sollen.

Der Wirtschaftskämmerer hat mit seiner Kritik grundsätzlich recht. Allerdings übersieht er, dass Sparer dieses Problem schon seit Jahrzehnten haben. Auch Zinsen werde mit 25 Prozent Kapitalertragssteuer belegt, egal ob der Ertrag real ist oder nicht. Das gleiche gilt für die neue Wertpapier-Kest, die sich ebenfalls um die Inflation nicht schert.

Nun, da auch alle Immobilien, die nicht als Hauptwohnsitz genutzt werden, einer Kest unterliegen werden - und das ist gut so -, kann man feststellen, dass in Österreich Vermögenszuwächse grundsätzlich nominal und nicht real besteuert werden.

Der effektive Steuersatz auf reale Vermögenszuwächse (und das sind die einzigen, von denen der Eigentümer profitiert) liegt daher deutlich über 25 Prozent und wahrscheinlich ungefähr auf dem gleichen Niveau wie der Grenzsteuersatz bei der Einkommenssteuer - also zwischen 36 und 50 Prozent.

Der so oft wiederholte Vorwurf, dass in Österreich Arbeit zu hoch und Kapital zu niedrig besteuert werden, trifft einfach nicht mehr zu.

Aber wie hoch ist der echte Steuersatz auf reale Vermögenszuwächse? Das hängt von der jeweiligen Inflation ab, genauer gesagt: vom Verhältnis zwischen Inflation und Rendite.

Wird ein bedeutender Teil der nominalen Rendite von der Inflation aufgefressen, dann ist der Steuersatz sehr hoch. Nehmen wir an, Sie haben bei zwei Prozent Inflation eine nominale Rendite von vier Prozent. Die reale Rendite ist zwei Prozent, die Kest beträgt ein Prozent - das heißt, 50 Prozent der realen Rendite wird wegbesteuert.

Ist die nominale Rendite dreimal so hoch wie die Inflation (also bei zwei Prozent Inflation sechs Prozent), dann sinkt der effektive Steuersatz auf 37,5 Prozent. Ist die Rendite allerdings nur um die Hälfte höher als die Inflation (also drei Prozent), dann steigt der Steuersatz auf 75 Prozent.

Bei vielen Sparern beträgt die Kest derzeit wegen der niedrigen Nominalzinsen sogar mehr als die Realrendite - der Steuersatz auf Sparbücher liegt derzeit oft über 100 Prozent.

Grundsätzlich kann man feststellen, dass bei niedrigere Inflation die effektive Kest niedriger ist als bei einer hohen. Bei Inflationsraten über drei Prozent muss man schon gewaltigen Rendite einfahren, um einen vernünftigen Steuersatz zu kommen. Das gilt für Wertpapiere und Immobilien in Zukunft genauso wie für Spareinlagen.

Kleine Sparer werden von diesem System am härtesten getroffen, weil sie meist nur geringen Renditen erhalten - als Preis für mehr Sicherheit.

Auch bei Immobilien wird der Fiskus in Zukunft oft hart zuschlagen: Die Wertzuwächse gerade im privaten Bereich liegen meist nur wenig über der akkumulierten Inflationsrate, wie Malloth richtig festgestellt hat.

Am besten schneiden Aktieninvestoren ab, denn dort gibt es erstens die Möglichkeit, Verluste aus dem gleichen Jahr bei der Steuer gegenzurechnen, und zweitens die Chance (dank hohem Risiko) auf gelegentlich sehr hohe Gewinne, die weit über der Inflationsrate liegen.

Ich glaube nicht, dass der Gesetzgeber geplant hat, Zocker niedriger zu besteuern als jene, die das Risiko scheuen. Aber er hat offenbar auch nichts dagegen. Die potenziellen Ungerechtigkeiten bei der Besteuerung nimmt er in Kauf.

Ein anderes System, das bei der Besteuerung jedes Kapitalertrags die Inflationsrate berücksichtigt, wäre von der Abwickung wahrscheinlich zu aufwändig.

Eine Option könnte man sich dennoch überlegen: Wie wäre es, wenn jeder Steuerzahler die Möglichkeit erhält, statt einer 25-Prozentsteuer auf den Nominalertrag den realen Ertrag in seine Einkommenssteuererklärung aufzunehmen und zu seinem jeweiligen Grenzsteuersatz zu versteuern.

Bei Immobilien wäre dies wohl meist 50 Prozent, weil der Gewinn aus einem Haus- oder Wohnungsverkauf den Steuerzahler rasch in die höchste Steuerklasse bringt. Aber selbst da könnten manche Private etwas besser aussteigen als bei 25 Prozent auf alles.

Und gerade für Menschen mit wenig Einkommen würde durch so ein System die drückende Steuerlast auf niedrige Sparzinsen etwas sinken. Das wäre eine sozial gerechte Reform.

Ich weiß nicht, was diese Wahlmöglichkeit dem Fiskus kosten würde. Leisten kann es sich der Staat wohl erst in einigen Jahren, wenn der Schuldenberg etwas abgetragen worden ist. Aber mit der Berechnung könnte man schon heute beginnen.