Das hellblaue Barett schräg auf dem Kopf, kräftige tätowierte Oberarme über dem Zebra-Ruderleiberl. Auf den ersten Blick wirken Michail Wistizki (45) und Stanislaw Baranow (40) wie gewöhnliche Veteranen der Luftlandetruppen. Doch was sie tun, ist außergewöhnlich: Sie rocken gegen Wladimir Putin. Dieser muss in diesem Wahlkampf Kritik, Spott und Hohn einstecken: Weil der Premier den White Ribbon der Demonstranten mit einem Kondom verglichen hatte, wird er auf Plakaten mit einem solchen als Krawatte abgebildet. Auch die Fallschirmjäger spötteln: Was für andere Freiheit bedeute, erinnere Putin bloß an ein Präservativ. Auf anderen Plattformen werden "ehrliche Amphoren" gefordert - in Anspielung auf die angeblich von Putin bei einem Tauchgang gefundenen antiken Amphoren, die sich später als PR-Gag herausstellten. Zeichentrickfilme nehmen Putin als angeblichen Superhelden auf die Schippe, und in einem Internetvideo wird ihm sogar virtuell der Prozess gemacht.Die Protestkultur ist vom kreativen Mittelstand geprägt, der mit Putins Geheimdienstmanieren wenig anfangen kann. 

Dass hingegen ehemalige Fallschirmjäger Russlands starken Mann so offen und scharf kritisieren, kommt überraschend: Fallschirmjäger gelten in Russland als regimetreue Elitetruppe. Befehl und Gehorsam sind sakrosankt, der Tod fürs Vaterland Ehrensache. Für Wistizki, der sein Gitarrenspiel selbst als "lausig" bezeichnet, und Baranow ist aber der Kampf gegen Putin Ehrensache. Dieser sei eben nicht das Vaterland, sondern "ein gewöhnlicher Beamter, kein Zar und kein Gott", wie es im Text heißt. Er habe gelogen und betrogen, habe die Korruption zum Alltag und den Mammon zur Religion gemacht, klagt die Fallschirmjäger-Combo im Lied.

Wistizki, dem eine kleine Baufirma gehört, war Mitte der 1980er Jahre in der DDR stationiert, nicht weit entfernt von dem Ort, an dem Putin als KGB-Offizier diente. Der Song, den er nach einer Moskauer Demo innerhalb von nur einer halben Stunde geschrieben haben soll, wurde zum Renner im Internet. Innerhalb einer Woche hatten bereits eineinhalb Millionen User den Hit angeklickt. Auch die Auftritte beim Sender Doschd und auf der Großdemo am 4. Februar wurden zum Erfolg.Zwar gab es anschließend Ärger mit der Führung des Veteranen-Verbands, doch von den einfachen Soldaten bekamen die Hobbymusiker Unterstützung. (DER STANDARD Printausgabe, 2.3.2012)