Wien - Als sie vor fast fünf Jahren ihren ersten Liederabend im Musikverein sang, war sie bereits einer der ganz großen Opernstars - und auf der Bühne schon eine makellose, imponierende Erscheinung. Das Konzert im Brahms-Saal des Jahres 2007 hingegen stellte eher einen vorsichtig tastenden Versuch mit dem schwierigen Liedrepertoire dar, in dessen Zentrum die Sängerin allerdings gleich den wohl herausforderndsten romantischen Zyklus für eine Frauenstimme überhaupt stellte.Mit bemerkenswertem Ehrgeiz und Fleiß näherte sie sich damals Robert Schumanns

Frauenliebe und -leben an, wobei jedoch nicht nur ihr Respekt vor dem Liedgenre offenbar wurde, sondern auch dessen Problematik. Während sie zu jener Zeit in der Oper schon vollendete Mozart-Partien gestaltete, war beim Lied die Phrasierung noch nicht ganz ausgereift, wurden Mängel in der Aussprache schlagend, störte ein opernhafter Gestus die Linienführung.

Nun meldete sich Elina Garanca nach der Babypause mit einem neuen Liedprogramm zurück, wieder mit Schumanns Frauenliebe und -leben im Zentrum - und musizierte mit dem Pianisten Roger Vignoles als idealem Unterstützer gleich im Großen Saal des Musikvereins. Sie schöpfte zwar auch hier die vollen Möglichkeiten ihrer Stimme aus, die auch ein großes Orchester übertönen könnte, etwa am Beginn des Abends mit Schumanns Widmung, doch schon beim folgenden Nussbaum wechselte sie zu ansatzlosem, tragendem Piano und berückender Abschattierung.

Die nahtlosen Registerwechsel und die Fähigkeit zur Zurücknahme des Tons, die weichen, aber dabei doch immer vollkommen klaren Linien stellte sie dann in den Dienst einer heute beispiellos intensiven Versenkung in die an sich banale und nicht gerade frauenfreundliche Geschichte des Schumann-Zyklus, der bei ihr voll von Lebensweisheit und authentischem Empfinden zu sein schien.

Dass all dies in den letzten Jahren auf das Wundersamste gereift ist, zeigte die Sängerin auch an den Sieben frühen Liedern von Alban Berg und einer Auswahl von Richard Strauss - sowie an drei Zugaben von Strauss, Brahms und ihres lettischen Landsmanns Jazeps Vitols. Elina Garanca, die unglaublich gut Deutsch spricht und nur noch punktuell mit der Lautbildung haderte, ist nun mit größter Selbstverständlichkeit, Souveränität und Eindringlichkeit am Zenit der Liedgestaltung angekommen. (Daniel Ender, DER STANDARD, 14.3.2012)