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Der Islam wurde vor hundert Jahren in Österreich als Religion anerkannt.

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"Die Mehrheitsgesellschaft weiß nicht, dass die Muslime seit 100 Jahren hier zu Hause sind", sagt Sanac.

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In Österreich leben ca. 600.000 Moslems.

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Wien - Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) hat anlässlich der 100-jährigen Anerkennung ihrer Religion in Österreich drei Wünsche. "Das einfachste ist das Jubiläum, zweitens das Islamgesetz Neu, das dritte Anliegen ist die Ausbildung der Imame in Österreich", sagt Präsident Fuat Sanac im Interview mit der APA. Islamfeindlichkeit vergleicht er mit einer Krankheit, Jugendvereine hält er an, auf Deutsch zu kommunizieren.

"Der Islam ist seit 100 Jahren hier", begründet Sanac die Notwendigkeit einer islamisch-theologischen Fakultät. Dies sei auch in anderen Ländern, wie Deutschland längst geschehen. Konkrete Gespräche und Vorbereitungen gebe es dazu, seit der IGGiÖ-Präsident seinen Antrittsbesuch bei Bundespräsident Heinz Fischer absolviert hat. "Der politische Wille ist da." Die Finanzierung könnte auch teilweise oder zur Gänze die Glaubensgemeinschaft übernehmen. Allerdings würde dies Kritik an mangelnder Transparenz nähren, gibt Sanac zu bedenken.

Islamgesetz modernisieren

Wie erst kürzlich das Israelitengesetz für die jüdische Gemeinde soll auch das Islamgesetz modernisiert werden, das jetzige sei "nicht mehr zeitgemäß". Konkret heißt das, dass etwa die Vertretung durch die IGGiÖ, Schulwesen, Kindergärten aber auch Feiertage und Lebensmittelbestimmungen definiert werden. "Wir wollen etwas Rechtliches in der Hand haben", erhofft sich der Muslime-Präsident.

Durch das Jubiläum erhofft sich Sanac wachsendes Bewusstsein in der Bevölkerung, dass der Islam bereits seit langem Bestandteil der österreichischen Gesellschaft ist. "Die Mehrheitsgesellschaft weiß nicht, dass die Muslime seit 100 Jahren hier zu Hause sind." Aber auch umgekehrt meint er: "Es ist mir sehr wichtig, dass den Muslimen wirklich bewusst wird, dass sie hier zu Hause sind. Wenn sich jemand zu Hause fühlt, dann hat er oder sie ein Heimatgefühl."

"Über Muslime und nicht den Islam sprechen"

Sanac hält die Muslime in Österreich aber auch an, ihre "Hausaufgaben" zu machen. "Von beiden Seiten gibt es natürlich Aufgaben, die erfüllt werden müssen", meint er, die Gespräche mit Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) würden gut verlaufen. In einem Jahr sollen die sieben eingerichteten Arbeitsgruppen ihre Berichte abliefern. "Wichtig ist, dass wir nicht mehr über den Islam, sondern über Muslime sprechen. Wenn wir nicht über die Menschen sprechen, dann können wir auch kein Problem lösen."

Sorgen macht sich Sanac über die Islamfeindlichkeit - vor allem angesichts der 100-jährigen Anerkennung in Österreich. "Die Menschen waren damals toleranter als jetzt", meint er, Nationalismus und Nationalsozialismus hätten die Völker leider zu sehr geprägt. "Das ist wie eine Krankheit", so Sanac, der zwischen Nationalismus und Patriotismus unterscheidet. Mit "Islamophobie" habe die teilweise herrschende Islamfeindlichkeit nichts zu tun. "Österreich ist ein multikulturelles Land, aber einige wollen das nicht wahrnehmen."

Jugendvereine sollen auf Deutsch kommunizieren

Seinerseits ruft Sanac junge Muslime auf, sich zu integrieren, vor allem die Mitglieder des neu eingerichteten Jugendrats. "Ich habe dieses Team gefragt: Habt ihr bemerkt, dass wir Deutsch sprechen, wenn wir alle zusammen sind?" Grund sei, dass die Mitglieder aus unterschiedlichen Regionen kämen. "Im Internet sehe ich, nur Türkisch und Arabisch. Ab jetzt will ich es nur mehr auf Deutsch sehen", so der Präsident.

Auch Kurz will Imame-Ausbildung reformieren

Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz sagte anlässlich des Jubiläums, dass er "Radikalisierungstendenzen" entgegenwirken will. Wie Sanac, fordert auch Kurz, dass heimische Imame langfristig nur mehr in Österreich ausgebildet werden. Diese sollen auch nur mehr in deutscher Sprache predigen. Kurz kritisiert, dass in Österreich tätige Imame zumeist in der Türkei ausgebildet würden und somit weisungsgebundene Beamte der türkischen Regierung seien. "Wichtig ist, dass vorgelebt wird, Muslim und Österreicher zu sein", meint der Staatssekretär. 

"Dialogforum Islam"

Eine Versachlichung der Debatte soll das von Kurz eingerichtete und kürzlich gestartete "Dialogforum Islam" bringen. In sieben Arbeitsgruppen werden ein Jahr lang Themen wie Integration, Imame-Ausbildung und Schulwesen gemeinsam mit Experten diskutiert. Die am Ende verfassten Berichte sollen den einzelnen zuständigen Ressorts übergeben werden. Auch Frage einer anstehenden Modernisierung des Islamgesetzes von 1912 schwinge dabei immer mit.

Kurz will auch Vorurteilen über den Islam entgegenwirken. "Derzeit gibt es noch sehr viele Mythen." Und auch dabei nimmt er auch die Muslime selbst in die Pflicht. So würden bereits kleine Aktionen, wie Tage der offenen Tür in Moscheen beitragen. (APA, 25.3.2012)