Bild nicht mehr verfügbar.

Gräber aus dem Falklandkrieg des Jahres 1982: Seit in der Nähe des britischen Überseeterritoriums der Falklands nach Öl gebohrt wird, verschärft sich der Streit mit Argentinien.

Foto: APA/EPA/Cave

Es geht um Erdöl und einiges mehr.

 

Auf Einladung der argentinischen Junta kamen sie in den Jahren 1980 und 1981 zu Geheimtreffen in Buenos Aires zusammen: Abgesandte der Diktatoren von Bolivien und Paraguay, Zentralamerikaner wie Roberto D'Aubuisson, Chef der Todesschwadronen El Salvadors, und Vertreter des südafrikanischen Apartheid-Regimes. Auf der Tagesordnung stand der Endkampf des Westens gegen den Weltkommunismus.

Aus der Warte der Verschwörer war die Lage bedrohlich. In Nicaragua hatten 1979 linke Sandinisten die Macht übernommen; im nahen El Salvador war die FMLN-Guerilla auf dem Vormarsch. In Südafrika machte sich der von Moskau gestützte ANC daran, das Apartheidregime zu verjagen. Und im Weißen Haus saß Jimmy Carter, der von Menschenrechten sprach und den Folterregimes Waffen vorenthielt.

In Buenos Aires wurde ein paranoides Szenario entwickelt, das man 1981 auch dem neuen US-Präsidenten Ronald Reagan präsentierte. Wegen des Patts der Atommächte hätten sich die Kommunisten auf einen "Weltkrieg der Subversion" verlegt. Ihn führten auch Gewerkschafter, linke Lehrer und Studenten. 30.000 von ihnen hatte Argentiniens Regime bereits "verschwinden" lassen.

Reagans Hilfssheriffs

Wenn es, so die Überlegung, den linken Kräften gelänge, den Panamakanal zu erobern, und wenn gleichzeitig Südafrika in die Hände des ANC fiele, dann wären weite Teile Amerikas für die aus Nahost kommenden Öltanker nicht mehr erreichbar, die Energiezufuhr würde abgewürgt. Argentiniens Generäle erklärten sich als Avantgarde im Kampf gegen die Subversion bereit, Truppen nach Zentralamerika zu schicken. Allerdings für einen beträchtlichen Preis: um einen für die Überwachung der Schiffsrouten um die Südspitze Südamerikas wichtigen Archipel. Von den Argentiniern "Malvinas" genannt, waren diese windgepeitschten, von nur 3000 Siedlern bewohnten Schafsinseln von der Größe Tirols als "Falklands" seit 1833 britisches Territorium. Argentinien, das die Inseln stets für sich beansprucht hatte, verlangte sie via Washington zurück. Das schreibt der Argentinier Horacio Verbitsky in seinem Buch über "Die letzte Schlacht im Dritten Weltkrieg".

Aber als der argentinische Juntachef Leopoldo Galtieri am 2. April 1982, vor genau dreißig Jahren, 12.000 Soldaten die Invasion der Inseln befahl, hieß der Gegner Großbritannien. Vorher hatte Reagans Lateinamerika-Berater Vernon Walters gemeint, die Briten würden sich auf Protestnoten beschränken, schrieb der Historiker Richard Aldous in der New York Times. Doch Premierministerin Margaret Thatcher, damals innenpolitisch angeschlagen, forderte den nationalen Schulterschluss und schickte eine Flotte mit 30.000 Soldaten in den eiskalten Südatlantik. Zehn Wochen dauerte der Konflikt, der 1000 Menschenleben kostete, bis die Argentinier am 14. Juni kapitulierten.

Unter Berufung auf den "Vertrag von Rio", ein amerikanisches Gegenstück zur Nato, hatte Argentinien zuvor die Unterstützung Washingtons gefordert. Reagan zögerte tatsächlich, für die Briten Partei zu ergreifen, weil er schon begonnen hatte, argentinische Soldaten in El Salvador einzusetzen. Sein Außenminister Alexander Haig schlug den Briten vor, nach einem Abzug der Argentinier Verhandlungen über die Zukunft der Insel zuzustimmen. Doch Thatcher dachte nicht daran. Sie ließ sogar die "General Belgrano" versenken, einen Kreuzer mit 1000 Mann an Bord. 323, darunter viele junge Kadetten, starben. Da hatten sich die USA schon auf die Seite der Briten gestellt.

Den Argentiniern gelang es nach der Niederlage immerhin, die Diktatur abzuschütteln. Hatte die Bevölkerung zuvor in Demos skandiert, dass die "Malvinas Argentinas" wären, so zwang sie danach den geschlagenen Galtieri zum Rücktritt und erreichte freie Wahlen. Erst 1990 wurden die diplomatischen Beziehungen mit den Briten wieder aufgenommen. London sah aber keinen Anlass, über den völkerrechtlichen Status der Inseln zu verhandeln.

Doch Argentinien ließ nicht locker. Besonders Cristina Fernández de Kirchner, seit 2007 Präsidentin, kämpft mit Schikanen gegen die Briten, aber ohne Gewalt um die Inseln. Sie weiß ihre Landsleute hinter sich: Mehr als 60 Prozent sagen, dass die Malvinas auf ewig argentinisch sind.

Für den konservativen Britenpremier David Cameron ist es ebenfalls verlockend, wie Thatcher die Falklandskarte zu zücken. Er bezichtigte die Argentinier "kolonialistischer Absichten", weil sie sich die von Siedlern mit britischem Lebensstil bewohnten Inseln einverleiben wollten. Er schickte als Warnung ein neues Kriegsschiff in den Südatlantik und ließ Prinz William dort publicityträchtig einen Militäreinsatz absolvieren. Laut Guardian-Umfrage sind 61 Prozent der Briten dafür, die "Falklands um jeden Preis zu verteidigen".

Es geht nicht nur um die Ehre. Schon 1982 hieß es, dass es nahe den Inseln Erdöl gäbe. Britische Firmen wollen nun ab 2016 mit der Ölförderung beginnen. Zudem spielt die Herrschaft über Inseln wie die Falklands und South Georgia für Gebietsansprüche in der rohstoffreichen Antarktis eine Rolle.

Doch selbst wenn es keine materiellen Interessen gäbe - der Nationalstolz würde reichen, um den Konflikt am Köcheln zu halten. Die ersten Siedler waren Seefahrer aus dem französischen St. Malo, die ihre "Malouines" an die Spanier verkauften. Ab 1765 unterhielten die Briten neun Jahre lang einen Handelsposten, dann waren wieder die Spanier dran. Nach dem Ende des spanischen Kolonialreiches übernahm Argentinien die Malvinas, bis am 4. Jänner 1833 die Besatzung des britischen Kriegsschiffes "Clio" die argentinische Garnison auflöste. Danach züchteten die Siedler Millionen Schafe und lebten wie Briten, aber alle argentinischen Regierungen protestierten gegen den "Landraub".

1965 forderte die Uno in der Resolution 2065, die Souveränitätsfrage unter Berücksichtigung der Siedlerinteressen in Verhandlungen zu lösen. Eine britische Gesprächsverweigerung wäre ein Verstoß dagegen. Im Stillen und indirekt gingen die Gespräche deshalb auch weiter. Ein Sonderausschuss der UN-Generalversammlung hat so im Juni 2011 Betroffene beider Seiten befragt. Roger Edwards sprach für die weitgehend autonome Legislative der Falklands. Seit Generationen lebten dort Einwanderer vieler Nationalitäten, sagte der selbst in England geborene Edwards. Der argentinische Souveränitätsanspruch sei grundlos, weil es auf den Inseln nie argentinische Siedler, nur ein paar Soldaten gegeben habe. Maria Angélica Vernet, Museumsdirektorin aus Buenos Aires, gab dagegen an, dass ihr Ur-Urgroßvater Luis Vernet argentinischer Militärkommandeur der Inseln gewesen sei, wo allein im Hauptort Puerto Soledad hundert argentinische Siedler gewohnt hätten, bis sie von den Briten deportiert wurden. Im UN-Ausschuss wurde die Forderung wiederholt, die "besondere koloniale Situation" der Falklands in Verhandlungen zu beenden.

Lösungsmodell in der Ostsee

In der Londoner Times hat der Publizist Simon Winchester heuer einen konkreten Lösungsvorschlag präsentiert. Winchester, der 1982 selbst vom Falklandkrieg berichtet hatte, erinnerte an einen anderen Inselkonflikt, der nach dem Ersten Weltkrieg zu Turbulenzen zwischen Finnland und Schweden führte. Die Aland-Inseln liegen näher zur finnischen Küste, wurden aber von Schweden besiedelt. 1921 hat der Völkerbund die Aland-Frage entschieden. Die Inseln wurden eine autonome Provinz Finnlands, in der - auch in den Schulen - Schwedisch gesprochen wird.

So eine Lösung nach dem Motto "Unsere Fahne - eure Lebensweise" fände auch in argentinischen Regierungskreisen Sympathie. Allerdings nur dann, wenn sie mit der Aufteilung künftiger Erdöleinnahmen verbunden ist. (DER STANDARD, Album, 31.3.2012)