Politiker haben kein Privatleben. Zumindest wird es ihnen nicht gegönnt: Wer so viel verdient, möge doch bitte Tag und Nacht im Dienst des Volkes unterwegs sein. Dafür gibt es schließlich einen Dienstwagen. Mit dem stehen die Damen und Herren dann ebenso wie alle anderen im Stau: Ein Blaulicht, wie es Hubert Gorbach zur schnelleren Erledigung seiner Amtsgeschäfte für nötig hielt, wird ihnen ebenso wenig gegönnt wie die Benutzung der Busspur, die Claudia Bandion-Ortner wollte.

Für Privilegien gibt es in Österreich seit dem Sturz der Monarchie kein Verständnis mehr - unabhängig davon, ob die als Privileg empfundene Regelung sinnvoll ist oder nicht. Man weiß ohnehin: Manche Fahrt dient der Partei, manche dem Familienleben. Ja, das steht Politikern zu. Und weil man nicht detailliert auseinanderhalten soll, in wessen Interesse welcher Kilometer gefahren wurde, gibt es pauschale Gehaltsabzüge für die private Nutzung des Autos. So hält man es auch in der Privatwirtschaft.

Ab da ginge die Sache niemanden mehr etwas an. Das könnte man argumentieren. Wie aber reagiert die Verkehrsministerin, wenn aufkommt, dass ihre Tochter im Dienstwagen zu einer Weinverkostung geführt wurde? Sie schwafelt etwas davon, dass ihre Tochter sie bei einem Termin vertreten habe. Die Ausrede macht den Skandal erst zum Skandal: Sie dokumentiert das schlechte Gewissen in Bezug auf eine Regelung, die bisher als korrekt gegolten hat. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 7./8./9.4.2012)