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Sommer ist Festivalzeit: Das Nova Rock in Nickelsdorf macht den Auftakt in Österreich. 

Foto: EPA/Harald Tittel

Jede Band fängt irgendwann einmal klein an: Und so sind vermutlich auch gut gebuchte Festival-Headliner wie Metallica am Anfang ihrer Karriere mit einem ausgeliehenen, klapprigen Lieferwagen durch die Lande getourt.

Heute reisen sie mit allem Luxus und Schnickschnack, der sich für altgediente Rockstars ziemt - samt einer gewaltigen Entourage. Für das Nova Rock Festival, das von 8. bis 10. Juni den österreichischen Festivalreigen eröffnet, versprechen die Metal-Veteranen eine Mega-Show auf der größten Bühne Europas. Für den Jubiläumsauftritt anlässlich des vor (rund) 20 Jahren veröffentlichen Black Album werden 50 Arbeiter eine ganze Nacht die Bühne trimmen, die Videowand soll doppelt so groß sein wie bisher, so viele Scheinwerfer wie sonst auf beiden Festivalbühnen zusammen werden ein Lichtgewitter erzeugen. Für einen durchdringenden Sound bringen Metallica einen Truck voller Extra-Subwoofer mit.

"Headliner haben in etwa 70 bis 100 Crewmitglieder mit dabei. Je nach Anreisesystem kommen zwischen sechs und zehn Busse und noch einmal so viele Trucks mit Equipment", sagt Ewald Tatar. Der Chef von Nova Music richtet neben dem Nova Rock auch das Nuke und das Lovely Days Festival aus und kann aus jahrelanger Veranstalter-Erfahrung sagen: "Der logistische Aufwand ist enorm - das ist der größte Teil der Arbeit. Eine Band buchen ist dagegen ein Klacks, das ist mit ein paar E-Mails erledigt."

Bühne und Backstage

Zwei Wochen vor Festivalbeginn verwandelt sich die buchstäbliche grüne Wiese nahe Nickelsdorf in "Pannonia Fields II", ein 125 Hektar umfassendes Gelände, auf dem insgesamt 160.000 Menschen untergebracht, verköstigt und beschallt werden wollen - womit bis zu 2500 Mitarbeiter beschäftigt sind.

"Der Site-Coordinator erstellt den Zeitplan, was wann kommt und aufgebaut wird, und stellt das Personal bereit", erklärt Tatar. "Die Stagemanager treten dann direkt mit den Bands in Kontakt und entscheiden, was jeweils vorbereitet werden muss, welche Technik sie brauchen, welche Brötchen und Getränke sie Backstage wollen etc." Ebenso gibt es Verantwortliche für Security und Gastronomie und eine Firma, die das Merchandising organisiert. Zwischen Beginn der Aufbauarbeiten bis zum Abbau, der etwa eine Woche nach Festivalende abgeschlossen ist, müssen laut Tatar an die 250 Trucks und Tourbusse koordiniert werden.

Rollende Hotels

Der Großteil der Musiker lässt sich in Nightliner-Bussen, also Wohnungen auf Rädern, von Festival zu Festival chauffieren. Einige Künstler kommen per Flugzeug - wenige im Privatjet - und werden in Vans oder Limousinen abgeholt, während der Rest der Crew in Nightlinern anreist.

Besonders internationale Acts schätzen für längere Tourneen den perfekten Service in ihren rollenden Hotels. Eine Reihe von Unternehmen ist auf diese umgebauten Luxusbusse spezialisiert, darunter die österreichische Firma Beat the Street mit Hauptsitz in Tirol und Außenstelle in Großbritannien. Von AC/DC bis ZZ Top, alles, was Rang und Namen im Pop-, Rock- genauso wie im Schlager-Business hat, ist schon mit den exquisiten Nightlinern durch Europa gecruist. Innenausstattung aus Rosen- und Ahornholz, Ledergarnituren, gefliestes Bad, Küche mit allen Geräten, Flatscreens und Playstation gehören laut Homepage zur Grundausstattung, Sonderwünsche werden gerne entgegengenommen.

Auf STANDARD-Anfrage lässt das Unternehmen wissen, dass es von Medienberichten dezidiert Abstand nimmt - schließlich liege ein erheblicher Teil der Serviceleistung in der Diskretion gegenüber den Künstlern, die auf ihren Tourneen immer wieder Fan-Attacken ausgesetzt seien.

Auf einen ähnlichen Komfort setzt die deutsche Tourbusfirma Red Car: Rund 20 Busse und Doppeldecker, mit bis zu 14 Metern Länge und vier Metern Höhe, umfasst die Flotte. Jeder Bus wird in der hauseigenen Tischlerei ausgebaut, bis zu 18 Personen können darin übernachten. Leder, Marmor, Granit, edle Parkette, Edelstahl und Porzellan sollen den Aufenthalt möglichst erträglich machen. "Wenn jemand ein Einzelzimmer mit Doppelbett oder eine extra große Garderobe möchte, ist das kein Problem", sagt Jan Kurowski von Red Car. "Bis jetzt konnten wir jeden Wunsch umsetzen."

Keine Rockstar-Allüren

Ein derart wohnlicher Bus kann Kurowski zufolge schon einmal eine halbe Million Euro kosten, die Miete liege im Schnitt bei 900 Euro, ein bis zwei Fahrer sind inklusive.

220 Tourneen, bei denen drei Millionen Kilometer zurückgelegt werden, organisiert das deutsche Unternehmen International Tournee Concepts & Solutions laut eigenen Angaben im Jahr. Unbekannte Bands gehören genauso zur Kundschaft wie Stars, alle drei Monate werden die Fahrzeuge dem TÜV vorgeführt.

"Wenn gewünscht, kümmern wir uns um die komplette Logistik, stellen Lkws für das Equipment und Bühnenzubehör bereit", sagt Geschäftsführer Daniel Grosse. In Kooperation mit anderen Firmen könne auf einen Pool von bis zu 50 Fahrzeugen zugegriffen werden.

In ihren heimeligen Bussen verhalten sich die Musiker entgegen kolportierter Rockstar-Allüren übrigens recht gesittet, verrät Grosse. "Bis auf Kleinigkeiten geht nichts kaputt. Ausraster habe ich noch nie erlebt." (Karin Krichmayr, DER STANDARD, 16.5.2012)