Die Privatstiftung Getrud Meschars investierte in eine Immobilie - obwohl die Erfüllung des Stiftungszwecks liquide Mittel erfordern würde.

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Wem nutzt die Gertrud-Meschar-Privatstiftung - jene Privatstiftung, in welcher der dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) Vorstandsmitglied ist? Fest steht: Der 90-jährigen Frau nutzt sie nicht. Gertrud Meschar hatte 2005 jede Menge Bargeld und Wertpapiere und keine Schulden. Heute hat sie eine Stiftung mit Bankschulden und einem Vermögen, auf das sie nicht zugreifen kann. 

Auch Martin Graf scheint keinen ersichtlichen Nutzen aus der Stiftung zu ziehen. Seine Tätigkeit als Stiftungsvorstand übt er ehrenamtlich aus. 

Glaubt man jedoch den Angaben von Gertrud Meschar, soll Graf sie zu einem Vertragsabschluss überredet haben, den sie heute zutiefst bereut. Im vergangenen Oktober hat sie den Antrag auf eine Ablöse des derzeitigen Stiftungsvorstands bestehend aus Martin Graf, Michael Witt und Alfred Wansch gestellt. Sie wirft den drei Männern vor, ihre Pflichten verletzt zu haben. Ob dem so ist, wird nun in einem Gerichtsverfahren geklärt.

Liegenschaft statt Bargeld

Laut dem Wiener Wirtschaftsanwalt Alexander Hofmann gibt es keinen Zweifel, dass Graf und die beiden übrigen Vorstände abzuberufen sind: Das Gesetz sieht eine Abberufung vor, wenn die Vorstände ihre Pflichten grob verletzt haben. Eine solche Pflichtverletzung liege vor, da Graf, Witt und Wantsch den Stiftungszweck nicht erfüllt hätten, der ja darin liege, Getrud Meschar finanziell zu versorgen. Stattdessen habe der Vorstand in eine Immobilie investiert - also mit anderen Worten aus liquiden Mitteln ein illiquides Vermögen gemacht. Wenn Graf sich damit rechtfertige, dass Meschars Geld im Objekt Billrothstraße gut investiert sei, dann sei das "irrelevant", so Hofmann: "Eine 90-Jährige hat nichts davon, wenn die Liegenschaft in 20 Jahren ihren Wert gesteigert hat - sie braucht das Geld jetzt."

Doch davon könne keine Rede sein, sagt Hofmann: Die Stiftung leiste nicht jene Versorgung, die von Meschar angestrebt worden war. Im Jahr 2008 seien Meschar insgesamt 5.000 Euro netto ausbezahlt worden, im Jahr 2009 6.000 Euro. Martin Graf hatte sich zwar damit gerechtfertigt, dass Meschar sämtliche Auslagen für Arztbehandlungen oder laufende Anschaffungen von der Stiftung ersetzt würden.

Doch laut Hofmann wäre die Stiftung wegen der ausständigen Darlehensrückzahlung von 156.000 Euro derzeit nicht einmal in der Lage, eine etwaige stationäre Pflege zu bezahlen. "Und dass man in diesem Alter schnell einmal zum Pflegefall werden kann, ist nichts Ungewöhnliches", meint Hofmann. Abgesehen davon, dass Stiftungskonstruktionen wegen der hohen Errichtungs- und Verwaltungskosten normalerweise für höhere Beträge gedacht sind. In Meschars Fall, so glaubt Hofmann, "wären ein Testament und eine Vorsorgevollmacht die bessere Lösung gewesen".

Schadensersatz möglich

Sollte der Stiftungsvorstand abberufen werden, könnte der nachfolgende Vorstand Schadensersatzforderungen an Martin Graf und die übrigen beiden Vorstände erheben. Dafür müsste geklärt werden, ob nicht nur Meschar, sondern auch der Stiftung selbst Schaden entstanden ist.

Bleibt die Frage, wer von der Stiftung profitiert. Tatsache ist, dass Martin Grafs Bruder Michael Graf, der Pächter des Lokals in der Billrothstraße 19, mit seinen Mietzahlungen im Rückstand war. Michael Graf könnte daher ein indirekter Nutznießer der Stiftung sein könnte: Offene Forderungen des Vermieters könnten weniger aggressiv eingetrieben werden, wenn es sich beim Mieter um den eigenen Bruder handelt.

Schwammige Formulierung

Aber auch die Frage, wer LetztbegünstigteR der Stiftung sein wird, lässt vieles offen. Laut Stiftungsurkunde soll das Vermögen nach dem Ableben Meschars nämlich nicht nur für die Finanzierung der Grabpflege, sondern auch für die "Unterstützung der Wissenschaft und Forschung im Allgemeinen, insbesondere auf dem Gebiet der Augenheilkunde", genutzt werden. Eine derart pauschale Zweckwidmung bietet dem Vorstand eine breite Palette an Auswahlmöglichkeiten, wie das Stiftungsvermögen genutzt werden kann. 

Indessen hat das Handelsgericht einen neuen Stiftungsprüfer bestellt, weil die Funktionsperiode des urspünglichen Prüfers Kurt Wurmitzer abgelaufen ist. Das bestätigte Gerichtssprecher Alexander Schmidt gegenüber derStandard.at. Schon allein der Prüferwechsel könnte helfen, Licht in die Causa zu bringen: Denn von einer unabhängigen Prüfung der Stiftungsgebarung konnte bisher kaum die Rede sein.

Wurmitzer ist geschäftsführender Gesellschafter der Wirtschaftsprüfungsfirma Interrevision. Er leitet die Agenden des Unternehmens gemeinsam mit Peter Zacke und Dieter Derntl. Derntl ist laut Martin Graf der Steuerberater der Stiftung und somit für die Erstellung der Abschlüsse verantwortlich. Wurmitzer sollte also seinen eigenen Co-Geschäftsführer prüfen. Wer der neue Prüfer ist, darf Schmidt nicht sagen. Er wird vom Gericht bestellt, wobei Gertrud Meschar ein Vorschlagsrecht zukommt, und er könnte auch für die Prüfung der bereits von Wurmitzer abgesegneten Abschlüsse verantwortlich sein. Kurt Wurmitzer war für derStandard.at am Freitag nicht erreichbar.  (Maria Sterkl, derStandard.at, 25.5.2012)