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ACTA-Gegner könnten bald wegen CETA auf die Straße gehen.

Foto: Reuters

Acta ist tot, lang lebe Acta! Der Gedanke, dass das umstrittene und in der EU gescheiterte Vertragswerk, das das Urheberrecht neu regeln sollte, doch nicht so leicht umzubringen sei, drängt sich auf, liest man den ans Licht der Öffentlichkeit geratenen Entwurf des europäisch-kanadischen Handelsabkommen Ceta (Comprehensive Economic and Trade Agreement). Das Vertragswerk soll als größte Handelsinitiative Kanadas seit dem nordamerikanischen Handelspakt Nafta nach jahrelangen Verhandlungen weitgehende bilaterale Kooperationen festschreiben. Die Verhandlungen befinden sich in der Endphase.

"Three Strikes"-Regelung

Gerade in Europa, wo Acta abgelehnt wurde, wundern sich nun Netzaktivisten, warum die umstrittenen Acta-Passagen, die eine scharfe Ahndung von Urheberrechtsverletzungen vorsehen, in einer frühen, noch nicht abgeschwächten Form in dem Ceta-Entwurf auftauchen. Inklusive jener Regelungen, die zu Überwachung durch Provider, einem abgestuften "Three Strikes"-System gegen Downloader und Strafen für das Abfilmen von Kinoleinwänden führen würden. Der geleakte Ceta-Entwurf stammt aus dem Februar 2012.

Wieder Geheimhaltung

Die Debatte hatte der kanadische Jurist Michael Geist in seinem Blog angestoßen, in dem er die Passagen aus Acta und dem Ceta-Entwurf gegenüberstellt. Geist kritisiert die Geheimhaltung bei der Vertragserstellung, die Acta ähnelt, und mutmaßt, dass es schwerer sein würde, den Vertrag im EU-Parlament zu verhindern, weil das Urheberrecht nur ein kleiner Teil in Ceta ist.

"Eins zu eins abgekupfert"

Dass die Passagen und die Regelungstechniken tatsächlich "eins zu eins abgekupfert" sind, bestätigt auch Thomas Hoeren, Professor für Medienrecht der Uni Münster im STANDARD-Gespräch. "Es kann nicht sein, dass ein Papier, das gerade abgelehnt wurde, an anderer Stelle noch einmal hochkommt." Wie bei Acta werde sich die Netzgemeinde an ihre Parlamentarier wenden müssen. "Auch die Parlamentarier werden das nicht witzig finden."

Kein Kommentar seitens Kommission

Die Kommission verweigerte in einer ersten Reaktion, das geleakte Papier zu kommentieren. Bis Mittwochnachmittag gab es nur eine Twitter-Meldung eines Sprechers, wonach die Acta-Teile mittlerweile aus Ceta gestrichen worden seien. Auch wenn das stimmt, stellt sich die Frage, warum sie überhaupt in einem Vertrag zwischen EU und Kanada, die beide auch Acta unterzeichnen sollten, standen. "Rätselhaft ist es", sagt Hoeren. Es gehe auch nicht aus den Papieren hervor, warum das so ist. Die Vermutung, dass Acta-Standards weiter abgesichert werden sollten, liegt nahe.

Auch Geist befürchtet, dass es Strategie der Befürworter sein könnte, Acta-Teile in neue Handelsverträge einfließen zu lassen. Das Pazifikbündnis TPP wäre etwa ein Kandidat. "Die Netzszene muss aufpassen, um nichts zu verpassen", warnt Hoeren. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 12.7.2012)