Berlin - Viele Menschen suchen einen Augenarzt wegen Kopfschmerzen auf. Doch meist liegt gar keine Augenerkrankung oder Sehschwäche vor, die als Auslöser in Frage käme. In neunzig Prozent der Fälle leiden die Patienten an Migräne, Spannungs- oder Clusterkopfschmerz. Darauf macht die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) in einer Aussendung aufmerksam. Wie sich die Diagnose sicher stellen lässt, diskutieren Augenärzte auf dem 110. Kongress der DOG vom 20. bis 23. September in Berlin.

Viele Patienten, die Kopfschmerzen oder Sehstörungen verspüren, vermuten dahinter zunächst ein Augenleiden. "Häufig verweisen Hausärzte diese Patienten an einen Augenarzt, um zu klären, ob eine Sehschwäche vorliegt und eine Brille notwendig ist", so Helmut Wilhelm, Spezialist für Neuroophthalmologie an der Universitäts-Augenklinik Tübingen. Dass eine Überanstrengung der Augen zu Kopfschmerzen führt, kommt jedoch vergleichsweise selten vor. "Manchmal verursacht aber eine unscheinbare, mit bloßem Auge nicht sichtbare Entzündung am Lidrand oder am Auge selbst chronische Schmerzen", erläutert Wilhelm. Kopfschmerzen in Folge einer Hirnerkrankung seien ebenfalls selten.

Odyssee von Facharzt zu Facharzt

Die weit überwiegende Mehrheit der Patienten - schätzungsweise 90 Prozent - leiden unter Migräne, Spannungs- oder Clusterkopfschmerz. Hier seien die Augenärzte gefragt, eine erste Verdachtsdiagnose zu stellen und die Patienten direkt an einen qualifizierten Neurologen oder anderen Kopfschmerzspezialisten zu überweisen. Damit bliebe Betroffenen viel Zeit und unnötiges Leid erspart. "Denn Patienten mit nicht diagnostizierten Kopfschmerzen steht häufig eine langwierige Odyssee von Facharzt zu Facharzt bevor, bevor sie beim richtigen Spezialisten landen", so Wilhelm. Sieben bis acht weitere Arztbesuche seien keine Seltenheit, bis eine Therapie begonnen wird.

Um eine erste Verdachtsdiagnose zu stellen, bedarf es einiger gezielter Fragen - beispielsweise wann, wo, wie lange und wie häufig der Kopfschmerz auftritt, ob der Patient regelmäßig Medikamente einnimmt oder ob bestimmte Vorerkrankungen vorliegen. Hilfreich sei, wenn die Patienten ein Schmerztagebuch führten, in dem sie genau diese Dinge aufschreiben. Damit kann der Arzt die Krankheit besser einschätzen. (red, derStandard.at, 3.9.2012)