Laut einem Hamburger Buddhismus-Forscher sprechen einige Merkmale des "Weltall-Buddha" dafür, dass er eine europäische Imitation ist.

Foto: Elmar Buchner/STANDARD

Es war eine Geschichte wie aus einem Indiana-Jones-Film: Eine sagenumwobene Expedition von 1938 unter SS-Sturmbannführer Ernst Schäfer, die nach arischen Wurzeln in Asien suchte, hätte eine mysteriöse Buddhastatue aus Tibet mitgebracht. Die Skulptur mit einem Hakenkreuz auf der Brust stamme angeblich aus der Mongolei des 11. Jahrhundert, zeige die Gottheit Vaisravana und sei der vorbuddhistischen Bön-Kultur zuzurechnen.

Bis 2007 lag die Statue unzugänglich in einer Münchner Privatsammlung. Dann erhielt ein Forscherteam um Elmar Buchner (Universität Stuttgart und Hochschule Ulm) Zugang zu dem Stück und fand heraus, dass das eisen- und nickelhaltige Gestein vom Meteoriten Chinga stamme, der vor mehr als 15.000 Jahren auf Sibirien und die Mongolei niederging - der STANDARD berichtete. Das Material des Nazi-Buddhas kam also aus dem All.

Nun hat Achim Bayer, Buddhismus-Forscher an der Universität Hamburg und der Dongguk University Seoul, auf die Fund-Geschichte und die historische Einordnung mit einer eigenen Publikation reagiert. Ihm zufolge handle es sich bei dem Stück eindeutig um eine europäische Imitation, die "zwischen 1910 und 1970" zu datieren sei. Sie sei von einem erfahrenen westlichen, aber in tibetischer Kunst unerfahrenen Bildhauer geschaffen worden.

Als Beleg führt er vom europäisch anmutenden Schuhwerk bis zur Art und Verknotung des Umhangs einen ganzen Katalog an Kriterien an, die der Theorie eines 1000-jährigen asiatischen Kunstwerks widersprechen. Er glaubt, dass der Buddha entweder für den lukrativen Markt für Nazimemorabilen angefertigt, oder zumindest als Kuriosität mit Hinweis auf die Schäfer-Expedition in Umlauf gebracht wurde. Das Meteoritengestein sei wohl unbehandelt nach Europa gekommen. Er kritisiert auch den Medienhype, den die kolportierte Geschichte der Buddha-Skulptur ausgelöst hat.

Für den Gelogen Elmar Buchner ist Bayers Meinung "eine von mittlerweilen vielen": "Ich lehne mich seit meiner Publikation zurück und warte ab, was alles kommt", sagt er zum STANDARD. Bayer sei der einzige, der sich so sicher sei. Die Theorie einer europäischen Imitation hält Buchner aus zwei Gründen für schwierig: "Wenn tatsächlich klar war, dass es sich bei dem Metall um wertvolles Meteoritengestein handelte - warum sollte man daraus ein Stück für den Kuriositätenmarkt schnitzen? Und wenn nicht, warum sollte jemand einen beliebigen Klumpen Metall hierherschleppen?"

Die Verbindung zu der Schäfer-Expedition kam durch einen Bericht des früheren Eigentümers zustande. Es habe keinen Grund für Zweifel gegeben, da es sich laut mehreren Quellen um einen Freund Schäfers handelte.

Die tatsächliche Entstehungsgeschichte der buddhaähnlichen Figur aus einer Münchner Sammlung bleibt also ungewiss. Fix sei aber "zu 100 Prozent", dass das Material von einem Meteoriten, und "zu 99,9 Prozent", dass er von Chinga stammt. "Da dies der Fokus unserer Arbeit war, ist der Begriff Fälschung oder Imitation irreführend und unangebracht", sagt Buchner in Richtung Bayer. (Alois Pumhösel/DER STANDARD, 17. 10. 2012)