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Die Heilige Dreifaltigkeit des Heavy Rock: John Paul Jones, Robert Plant und Jimmy Page alias Led Zeppelin.

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Nach der dritten Nummer sagt Robert Plant "Good Evening". Reine Höflichkeit. Denn die 16.000 Auserwählten wussten seit Monaten, dass sie einen guten Abend haben würden. Was heißt - einen unvergesslichen! Sie zählten zu den vom Schicksal Geküssten, die dem ersten und wohl letzten regulären Led-Zeppelin-Reunionkonzert beiwohnen durften.

Am 10. Dezember 2007 fand das statt. 20 Millionen Fans versuchten ein Ticket dafür zu bekommen. Led Zeppelin hätten die O2-Arena in London also 1.250-mal ausverkaufen können. Das muss man sich einmal vorstellen.

Dabei gibt diese Zahl nur eine vage Ahnung von der Bedeutung der Band, die sich 1980 aufgelöst hat. Damals ist ihr Schlagzeuger John Bonham mit 32 Jahren gestorben. Auf ihn sind die Rock-'n'-Roll-Freizeitdisziplinen "Hotelzimmerumgestaltung" und "Fernseherweitwerfen" zurückzuführen. Sein Sohn Jason saß 2007 an seiner statt hinterm Schlagzeug.

Die Bedeutung von Led Zeppelin besteht aus allem, was im Heavy Rock seit 40 Jahren zu hören ist. Led Zeppelin haben es erfunden, weitergedacht, haben das heute gerne als Dinosaurier-Musik betrachtete Genre befruchtet wie niemand sonst. Was Jimmy Page, Robert Plant, John Paul Jones und John Bonham machten, war wild, aufregend und sexy.

So schlimm Bonhams früher Tod war, Led Zeppelin in den 1980ern blieb einem dadurch erspart. So konnte sich eine gerechte Legende bilden, so blieb das Bild der aufregendsten Rockband der Welt am Leben, verklärte sich über die Zeit und bis in diese Zeilen hinein. Doch während Mythos und Realität oft auseinanderklaffen, braucht es im Falle von Led Zep nur zwei, drei Songs, um den Led-Zeppelin-Rausch wieder aufzuwärmen.

Gottesfürchtig gesagt: Das Werk von Led Zeppelin besteht den Test der Zeit. Es ist Musik für immer. Sie klingt heute noch viril und gefährlich, steht für alles, was Rockmusik geil macht. Fragen Sie Jack White. Der würde ohne Led Zep Gebrauchtwagen in Detroit verkaufen. Nur ein Beispiel von tausenden.

So ein Nachlass verpflichtet. Das wussten die drei verbliebenen Mitglieder, als sie sich nach zwei halbherzigen Versuchen (Live Aid und zum 40. Geburtstag von Atlantic Records) zu einem wirklichen Reunionkonzert entschlossen hatten. Der Anlass dafür war würdig. Es galt, das Andenken Ahmet Erteguns zu ehren. Der Gründer von Atlantic Records, dem Heimatlabel Led Zeppelins, war im Jahr davor gestorben.

Fünf Jahre nachdem Led Zeppelin als Hauptact des "Ahmet Ertegun Tribute Concert" aufgetreten waren und dort keine Schande über sich brachten, liegt das Tondokument davon nun vor. "Celebration Day" genannt, wischt es alle Bedenken gegen dieses Unterfangen vom Tisch. Wäre Bonham noch am Leben, der Tisch wäre mitgewischt worden.

Zwar braucht die Band zwei Songs, um auf Betriebstemperatur zu kommen, ab "Black Dog" befindet man sich dann jedoch in jenem Himmel, in dem die Stromgitarren hängen, wo Blitz und Donner niemals enden, in dem Robert Plants hohe Kopfstimme für Entzückung sorgt, obwohl sie einem Antlitz entfährt, das dem einer alten Squaw gleicht.

"Dazed and Confused" strapaziert mit elf Minuten Dauer ein bisserl über Maß, "Stairway To Heaven" hat jeder einmal zu oft gehört - wurscht - das hier ist ein Feuchttraum im Feuchtraum. Der zäh mahlende Monolith "Kashmir" ist so unzerstörbar wie "Whole Lotta Love" oder das Glaubensbekenntnis Rock and Roll.

Diese drei Songs beschließen "Celebration Day". Es ist alles gesagt. (Karl Fluch, Rondo, DER STANDARD, 23.11.2012)