Un-vor-stell-bar arg. Okkultisch nachgerade.

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Wenn man ihn heute sieht, kann man sich schwer vorstellen, dass erwachsene Menschen seinetwegen und ob seiner Musik damals beim Einschlafen das Licht angelassen haben. Es galt: Sicher ist sicher. Heute ist Ozzy Osbourne natürlich eine jämmerliche Gestalt. Eine Art Sancho Pansa des Heavy Metal.

Einst jedoch, als das siebente Jahrzehnt des letzten Jahrhunderts in das achte überging, als er mit Black Sabbath das Gruselige und Unheimliche in die Rockmusik einführte, da schlotterten nicht nur matschbirnigen Hippies die Knie unter ihren indischen Gewändern.

Mit Black Sabbath brach das Dark Age des Rock 'n' Roll an. Eine Zeitrechnung, nach der in diversen Paralleluniversen bis heute gelebt wird. Dort gilt der Beelzebub als Hausheiliger, die Messen sind schwarz, getrunken wird das Blut bleicher Jungfrauen, Katzen sterben öfters eines unnatürlichen Todes, als sie es auf Autobahnen tun - kurz, es ist alles un-vor-stell-bar arg. Okkultisch nachgerade.

Und an alldem sind Black Sabbath schuld: Tony Iommi, Geezer Butler und Bill Ward. Diese Reiter der Apokalypse sowie der Fürst der Dunkelheit, Sänger Ozzy Osbourne, platzen nun in die heilige Jahreszeit, wie um uns das Weihnachtsfest zu entreißen. Mit dem Box-Set "The Vinyl Collection: 1970-1978" stemmen sie eine harten Block auf den Gabentisch.

Diese freudig empfangene Verführung von den Mächten des Bösen umfasst neun Alben in der klassischen Besetzung dieser bis heute untoten britischen Band. Dazu eine Single, den Schlüssel zum Tor der Hölle gibt's gratis dazu.

Bahnbrechend war der Sound von Black Sabbath. Mit tiefer gelegtem Gitarrenklang erschien ihre Botschaft düsterer, wirkten Lieder über War Pigs oder psychische Probleme - Paranoid - noch eine Spur bedrohlicher und kränklicher, als es bis dahin möglich schien.

Im Vorbeigehen haben Black Sabbath den Blueprint des Doom geschaffen, jenes Fachs, das heute im Metal noch am innovativsten wirkt - verwegene These, schon klar, trotzdem.

Die Vinyl Collection umfasst nun die Alben "Black Sabbath", "Paranoid", "Master Of Reality", "Volume 4", "Sabbath Bloody Sabbath", "Sabotage", "Technical Ecstasy" und "Never Say Die" sowie das 1973 aufgenommene Live-Debüt "Live At Last". Mit allem Pipapo samt Original-Artwork und Posterkrimskrams, wie es sich gehört.

Dass sich musikalisch betrachtet keine neuen Erkenntnisse einstellen, wird als logisch vorausgesetzt. Und natürlich besitzt jeder aus der Neigungsgruppe zumindest drei Sabbath-Alben, die aber möglicherweise vom ständigen Satananbeten so durchgespielt sind, dass selbst der gefallene Engel um Neuanschaffung bittet.

Und sogar mit Schweinsohren wird man zugeben müssen, dass diese von den Originaltapes neu gezogenen Alben doch beträchtlich grimmiger klingen als die Kopien irgendwelcher billiger Schallplattenclubs, mit denen man einst verführt wurde.

Wer eine Würdigung späterer Sabbath-Sänger sowie eine Aufzählung diverser Reunions erwartet, wird mit großem Vergnügen enttäuscht. Für derlei Krimskrams gibt es das Lexikon, das Wikisabbath.

Bloß ein kleiner Ausblick in die Zukunft: Zurzeit arbeitet die Band im Originalbesetzung minus Bill Ward - man prozessiert wieder einmal gegeneinander - an einem neuen Studioalbum. Produziert wird es von Rick Rubin.

Ein erster Songtitel macht bereits lächeln: "God is Dead". Das Christkind darf kommen. (Karl Fluch, Rondo, DER STANDARD, 21.11.2012)