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Die Ranger im Nationalpark Gesäuse erklären Wanderern den Unterschied zwischen den Fährten, die man im Schnee findet.

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Informationen:

www.nationalpark.co.at

www.stiftadmont.at

www.spirodom.at

Es hat geschneit über Nacht, unangekündigt und leise. Sträucher, Bäume, Gärten - alles schimmert weiß. Selbst der Johnsbach, der schon öfters gezeigt hat, wozu er fähig ist, plätschert friedlich der Enns entgegen. Die wiederum ist im Gesäuse alles andere als leise.

"Xeis" sagen die Einheimischen, wenn sie Gesäuse meinen. Die Lautmalerei leitet sich vom Rauschen und Sausen der Enns ab. Wenn die Wassermassen am Eingang zum Gesäuse schäumend einen Katarakt hinunterstürzen, ist es mit der Ruhe vorbei.

Es sind etwa sieben Kilometer naturnahe Fließstrecke, die Österreichs längstem Binnenfluss auf dem 250 Kilometer langen Weg von den Radstätter Tauern bis zur Donau verblieben sind. "Gäbe es den Nationalpark nicht, wäre die Enns hier vermutlich auch schon verbaut", sagt Andreas Hollinger, ein Nationalpark-Mitarbeiter.

Wissen, was wichtig ist

Den Nationalpark Gesäuse gibt es seit mittlerweile zehn Jahren. Er ist 110 km2 groß und erstreckt sich über die steirischen Gemeinden Admont, Johnsbach, Weng, Hieflau, Landl und St. Gallen.

Johnsbach hat 180 Einwohner und drei Gasthäuser. "Die wissen, was wichtig ist", sagt Hollinger und lacht. Im Sommer seien mehr Wanderer und Bergsteiger unterwegs, als Leute hier wohnen. Im Winter sei es deutlich ruhiger, was nur gut für die Tiere in Österreichs jüngstem Nationalpark sei.

Damit Tourenskigeher nicht kreuz und quer durchs Gesäuse hirschen und dabei Schneehühner, Auerhähne und anderes Getier stören, sind Ranger in der Regel die Ersten, die bei Neuschnee Routen spuren. "Der Mensch ist ein Herdentier und folgt meist Spuren, die schon vorhanden sind", sagt Manfred Taler. Er ist Landwirt und gleichzeitig Nationalparkranger. "Wie die Idee mit dem Nationalpark aufgekommen ist, waren die Einheimischen sehr skeptisch. Man wusste ja nicht, was man dort überhaupt noch machen darf."

Das sei auch der Grund gewesen, warum er, Taler, die Ausbildung zum Ranger gemacht habe. "Wenn man dabei ist, kann man Einfluss nehmen und Blödheiten verhindern." Mittlerweile gebe es kaum noch kritische Stimmen.

Statt auf Skiern stapfen wir zu Fuß bergauf. Jeder Schritt bedeutet einen neuen Tritt im Schnee. Die Tritte von Menschen sind aber nur halb so interessant wie die Abdrücke von Tieren. Taler mahnt die Kleingruppe, möglichst beisammen zu bleiben: "Damit wir gemeinsam bestimmen können, welches Tier wo gegangen ist." Und es folgt prompt die erste Lektion: " Die Hufabdrücke von Hirsch, Reh, Gämse oder Wildschwein heißen Fährte, die Abdrücke von Hasen, Dachsen oder Füchsen nennt man Spur."

Fährte zum Schweinsbraten

Die Kinder sind begeistert. Der Ranger drückt ihnen ein Blatt Papier in die Hand. Mit den abgebildeten Tierabdrücken machen sie sich ans Bestimmen. Schnell haben sie begriffen, was eine Hirschfährte ist, was eine Hasen- oder Fuchsspur. Der anschließende Schweinsbraten in der Ebneralm samt obligatem Knödel ist redlich verdient. Dann geht's wieder bergab, dem nächsten Ziel entgegen - Admont. Der Ort ist nur 20 Kilometer entfernt und Sitz des gleichnamigen Benediktinerstifts.

28 Mönche leben hier zurzeit. "Früher gab es so gut wie nichts, was nicht dem Stift gehört hat", sagt Thomas Drechsler. Er ist Geschäftsführer der Alpenregion Nationalpark Gesäuse und möchte, dass nach 30 Jahren Ruhe wieder etwas mehr Leben in die Region einkehrt.

Das 1074 gegründete Stift erstrahlt nach einer gründlichen Renovierung in neuem Glanz. Neben dem Museum und der spektakulären Stiftsbibliothek, die mit 70.000 Bänden in einem einzigen Saal die größte der Welt ist, gibt es hinterm Stiftsgemäuer neuerdings auch Platz für moderne Kunst. Besonders stolz ist man auf den stiftseigenen Wein Dveri Pax, der in Slowenien wächst und unter anderem in der First Class der Lufthansa kredenzt wird.

Mit dem Spirodom, einem 134-Betten-Haus in Sichtweite der Benediktiner, gibt es seit Oktober auch wieder ein Vier-Sterne-Hotel in der Region. Dieses ist wie ein paar Dutzend andere Unternehmen Partnerbetrieb des Nationalparks Gesäuse. Auf der Speisekarte finden sich unter anderem Wildgerichte. Es ist anzunehmen, dass Hirsch und Reh den Nationalpark gut gekannt haben. (Günther Strobl, DER STANDARD, Album, 22.12.2012)