Fabian Salzgeber entwickelte für Sunnahof-Mitarbeiter Florian Burtscher (rechts) eine besonders stabile Scheibtruhe.

Foto: Lebenshilfe Vorarlberg

Salzgeber war bis Herbst 2011 Zivildiener am Sunnahof. Danach wurde er fix verpflichtet.

Foto: Lebenshilfe Vorarlberg

Österreichs "Zivildiener des Jahres" kommt aus Vorarlberg, er heißt Fabian Salzgeber. Im Dezember wurde der 28-Jährige für seine Tätigkeit bei der Sunnahof-Lebenshilfe geehrt. Einer Einrichtung der Lebenshilfe Vorarlberg, die Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung bietet. Im Interview mit derStandard.at plaudert Salzgeber über die Hintergründe der Auszeichnung und erzählt, warum er seinen Zivildienst nicht missen möchte.

derStandard.at: Wie wird man "Zivildiener des Jahres"?

Salzgeber: Trägerorganisationen können ihre Zivildiener für die Auszeichnung vorschlagen. Im Falle des Sunnahofs hat mich Thomas Lampert, der Geschäftsführer, gefragt, ob mir das Recht wäre. Dann wurde das mit Fotos und der Geschichte eingereicht. Bewertet wird das von einer Jury. Unter den Siegern aus den jeweiligen Bundesländern, insgesamt waren das heuer zwölf, wird dann wiederum der "Zivildiener des Jahres" bestimmt.

derStandard.at: Welche Leistungen liegen der Auszeichnung zu Grunde?

Salzgeber: Der erste Grund war eine Scheibtruhe, die ich für einen motorisch gehandicapten Mitarbeiter entworfen hatte. Diese Karrette bekam drei Räder verpasst, um eine stützende Funktion übernehmen zu können. So hat er wieder an der Arbeit teilnehmen können. Er war kurz davor, die Landwirtschaft verlassen zu müssen, obwohl diese Arbeit eine große Leidenschaft für ihn war. Das hat mich sehr berührt. Diese spezielle Scheibtruhe hat die Funktion eines Rollators übernommen.

derStandard.at: Mit dieser Stütze kann er wieder arbeiten?

Salzgeber: Ja, vor einem Jahr stand die Entscheidung an, ihn in einen anderen Bereich zu versetzen. Aus Sicherheitsgründen gab es keine Alternative. Jetzt kann er wieder voll mitarbeiten.

derStandard.at: Die Scheibtruhe ist Ihrer Eigeninitiative entsprungen?

Salzgeber: Ja, das war eine Art Geistesblitz. Zum Glück hat es funktioniert. Mittlerweile ist aus diesem Prototyp eine industriell gefertigte Scheibtruhe entstanden. Mit Elektroantrieb, Bremse und Kippfunktion.

derStandard.at: Wann haben Sie an dem Ding gewerkelt? In Ihrer Freizeit?

Salzgeber: In unserem Betrieb hatten wir damals eine alte Metzgerei dabei, dort fand die Umsetzung statt. Der Arbeitsaufwand war nicht so groß. Nur die Überlegungen fanden in der Freizeit statt.

derStandard.at: Was hat noch für Sie den Ausschlag bei der Kür zum "Zivildiener des Jahres"?

Salzgeber: Der Sunnahof besteht aus den Bereichen Landwirtschaft, Tischlerei, Gärtnerei und Hofladen. Für die Tischlerei gab es den Auftrag, Holzstücke in einer bestimmten Größe zu produzieren. Das Auftragsvolumen betrug 1,3 Millionen Stück pro Jahr. Die Vorgabe war, eine halbautomatische Maschine zu entwickeln, die jeder von uns mit seinen Beeinträchtigungen bedienen kann. Diese Maschine habe ich konstruiert und zusammengebaut. In vielen Stunden Arbeit. So schaffen wir das gesamte Auftragsvolumen in bereits einem halben Jahr.

derStandard.at: Hat das Know-How, solche Geräte zu konstruieren, einen beruflichen Hintergrund?

Salzgeber: Ich war von klein auf sehr fanatisch in Bezug auf Maschinen und habe viele zerlegt. So hat sich das technische Verständnis entwickelt. Tüffteln und Konstruieren gehören seit der Kindheit zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Nach der Matura war ich kurz in der Pädagogischen Hochschule, weil ich Hauptschullehrer werden wollte. Ich bin allerdings nach einem Jahr ausgestiegen, um mich in Richtung Technik zu orientieren und um eine Lehre als Maschinenbautechniker zu absolvieren.

derStandard.at: Sind Sie Ihrer Einrichtung nach dem Zivildienst erhalten geblieben?

Salzgeber: Ja, ich bin seit mittlerweile zwei Jahren beim Sunnahof tätig. Von meinem Vorgesetzten wurde ich gefragt, ob ich hier weiterarbeiten möchte. Seitdem habe ich ein fixes Dienstverhältnis. Angestellt bin ich mit 80 Prozent einer Vollzeitstelle, um noch an anderen Sachen arbeiten zu können.

derStandard.at: An was?

Salzgeber: Im Sommer betreiben wir mit dem Sunnahof auch einen Almbetrieb. Am Anfang des Zivildienstes war es eine große Herausforderung, einen Weidezaun zu reparieren. Die defekte Stelle war ca. eine Stunde vom Weidezaungerät entfernt. Das war also ein ordentlicher Fußmarsch, um den Strom ab- und wieder anzuschalten. Um die Reparatur zu beschleunigen, habe ich in zwei Jahren eine Mobiltelefonsteuerung entwickelt, die für Weidezaungeräte eingesetzt werden kann. Die überwacht die Batteriespannung und kann zum Beispiel auch Alarm-SMS verschicken, wenn die Spannung nicht passt. Diese Steuerung wird auch schon in anderen Bereichen eingesetzt. Etwa für Türenschließsysteme oder bei Schranken.

derStandard.at: Wie vertreiben Sie diese Konstruktion?

Salzgeber: Die Idee kommt von mir, umgesetzt wurde sie von meinem Entwicklungspartner. Es ist ein Nischenprodukt, das allerdings bereits bei Firmen Anklang findet. Zum Beispiel über Mundpropaganda oder über den Maschinenring, der heuer unser Produkt bewerben wird.

derStandard.at: Diesen Bereich wollen Sie weiter forcieren?

Salzgeber: Der soziale Bereich ist meine Heimat geworden, parallel dazu möchte ich die andere Tätigkeit laufen lassen.

derStandard.at: Was bedeutet die Auszeichnung "Zivildiener des Jahres" für Sie? Ehre und ein Satz im Lebenslauf?

Salzgeber: Auf jeden Fall. Ich finde, dass für junge Menschen die Chance sehr wichtig ist, einen Zivildienst machen zu können. Am Anfang heißt es immer "müssen". Die Werte ändern sich im Laufe so einer Tätigkeit und die Prioritäten, was im Leben wichtig ist, verschieben sich. Für mich war der Zivildienst ein Geschenk, er hat mich auf eine tolle Laufbahn gebracht.

derStandard.at: Die hätten Sie ohne Zivildienst nicht eingeschlagen?

Salzgeber: Wenn der Dienst nur auf auf freiwilliger Basis beruht hätte, wäre ich mit ziemlicher Sicherheit jetzt nicht da, wo ich momentan bin.

derStandard.at: Am Anfang des Zivildienstes: war es da auch mehr ein "Müssen"?

Salzgeber: Ich habe vorher gearbeitet und alleine die finanziellen Einbußen waren schon ein negativer Aspekt. Innerhalb von einer Woche habe ich aber Emotionen entwickelt, die das Geld komplett in den Hintergrund gedrängt haben.

derStandard.at: Für welches Modell werden Sie bei der Volksbefragung am 20. Jänner stimmen?

Salzgeber: Ich werde für die Wehr- und Zivildienstpflicht stimmen. Sonst geht eine riesengroße Sozialkompetenz verloren. (om, derStandard.at, 14.1.2013)