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Veto gegen Veto-Abschaffung: Hans-Adam II., Fürst

Foto: APA/EPA/Klaunzer

Wien/Vaduz - Hätte das liechtensteinische Volk im Juli 2012 für ein Ende des fürstlichen Vetorechts nach Volksabstimmungen gestimmt, sein Sohn hätte ein Veto dagegen ausgesprochen. Dies erklärte das liechtensteinische Staatsoberhaupt Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein am Dienstag im Gespräch mit der APA und brachte damit eine paradoxe Situation auf den Punkt: Im 36.000-Einwohner-Staat Liechtenstein tritt kein Gesetz in Kraft, dem das Fürstenhaus nicht ausdrücklich zugestimmt hat, auch wenn sich dabei um eine Gesetzesinitiative des Volkes zur Abschaffung des fürstlichen Vetorechtes handelt.

Hans Adam II. von Liechtenstein, der in Wien auf dem Kongress "com.sult 2013" gemeinsam mit dem ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Jerzy Busek für sein Lebenswerk mit dem "Golden Arrow" (Goldener Pfeil) ausgezeichnet wurde, rechtfertigt dieses Vorgehen erneut mit einem Volksentscheid: 2003 hätten die Liechtensteiner mit einer klaren Mehrheit von 64 Prozent eine neue von ihm entworfene Verfassung angenommen, das Sanktionsrecht des Fürsten nach Volksentscheidungen sei Teil dieser. Hebe man dieses auf "dann haben wir vielleicht nicht mehr die direkte Demokratie, dann haben wir vielleicht keine Unabhängigkeit der Gerichte mehr, dann wäre alles wieder auseinandergefallen", glaubt der Fürst.

Drohung

Die Verfassungsänderung 2003 war auf heftige Kritik, unter anderem durch den Europarat, gestoßen. Denn neben einer - allerdings höchst komplizierten - Absetzung des Monarchen per Volksentscheid sieht sie auch ein Vetorecht des Fürsten bei der Bestellung von Richtern und die Möglichkeit des Monarchen, ohne Angabe von Gründen die Regierung oder einzelne Mitglieder zu entlassen, vor. Ebenso kann kein Gesetz in Kraft treten, wenn es der Fürst bzw. sein Vertreter im tagespolitischen Geschäft - sein Sohn, Erbprinz Alois von Liechtenstein - nicht binnen sechs Monaten mit seiner Unterschrift "sanktioniert".

Dass seine damalige Drohung, bei einem Votum gegen seinen Entwurf das Land zu verlassen und sich aus dem politischen Geschäft zurückzuziehen, ausschlaggebend für die Entscheidung des Volkes gewesen ist, glaubt Hans-Adam II. nicht. Warum er die Drohung ausgesprochen habe? "Wenn man mich nur noch auf eine Repräsentationsrolle zurückgedrängt hätte, dann hätte ich gesagt, dann kümmere ich mich lieber um die Vermehrung des Vermögens oder um meine Kunstsammlung oder um Forschungsprojekte, die mich mehr interessieren. Und dann macht's ihr halt was ihr wollt's und ich komm halt zweimal im Jahr." 74 Prozent der Bevölkerung hatten im vergangenen Sommer für die Beibehaltung des fürstlichen Vetorechts ausgesprochen.

"Gewisse Grundprinzipien"

Ob seine Forderung nach einem als Dienstleistungsunternehmen agierenden Staat nicht im Widerspruch zu der eher paternalistischen Aussage des Erbprinzen stehe, der Legalisierung der Abtreibung selbst dann nicht zuzustimmen, wenn die Mehrheit des Volkes dafür ist? "Nein, es gibt gewisse Grundprinzipien, wo wir sagen, unter diesen Bedingungen stellen wir das Staatsoberhaupt", sagt der Fürst. Die Abtreibung sei mit diesen nicht vereinbar.

Generell interpretiert der 67-Jährige sein Sanktionsrecht als Schutz für Minderheitenrechte und vor der Diktatur der Mehrheit. Gerade aufgrund der zahlreichen direktdemokratischen Elemente in der liechtensteinischen Verfassung. Auch ein gewählter Präsident könnte diese Funktion erfüllen, glaubt der Fürst. Dass Österreich auch ohne einen Präsidenten mit derart weitreichenden Befugnissen auskommt, sieht er im traditionell unterschiedlichen Staatsverständnis begründet.

Dem Finanzplatz Lichtenstein, der 2008 von einem Steuerskandal erschüttert wurde, nachdem Deutschland eine CD mit Daten von unzähligen deutschen Steuersündern, die ihr Vermögen in Liechtenstein parkten, gekauft hatte, gehe es heute wieder gut. Die in der Folge abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen hätten ihm nicht geschadet und zumindest seine eigene Bank, die LGT, habe wieder "ordentliche Zuflüsse an Geldern", sagt Hans-Adam II.

Allerdings werde Liechtenstein angesichts eines 200 Millionen Franken-Lochs im Haushalt 2012 in den kommenden Jahren sicher sparen müssen. Auch ein neues Steuerrecht brauche es, dass den gesamten Steueraufwand nicht unbedingt erhöhe, jedoch das bestehende System an internationale Richtlinien anpasse.

Wo sich Heinrich Kieber, der die Daten von der fürstlichen Bank entwendet, an Steuerfahnder verkauft und damit den Steuerskandal erst ausgelöst hatte, heue aufhalte, wisse er nicht, sagt der Fürst. Es gebe einen internationalen Haftbefehl. Die Entscheidung mit Kieber zu verhandeln, der ihn bereits 2003 mit den gestohlenen Daten zu erpressen versuchte, bereut Hans-Adam II nicht. So habe zumindest die Chance bestanden, die Daten zurückzuerhalten.

Was er ihm im Gegenzug angeboten habe? Er habe auf eine Anklage, wegen Erpressung des Fürstens - die erstinstanzlich zu einer bedingten Haftstrafe von vier Jahren geführt hatte - verzichtet und auch einen Brief an das Gericht geschrieben und es gebeten mildernd zu berücksichtigen, dass Kieber Reue zeige. Der Beschuldigte wird daraufhin in zweiter Instanz zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt. 2005 begnadigte der Fürst dann Kieber, was dazu führt, dass sein Strafgesetzbuchsauszug bei Anfragen aus dem Ausland lupenrein erscheint. (APA, 29.1.2013)