"BB-Cremen sind simpel anzuwenden, dahinter steckt jedoch eine komplizierte Technologie", erklärt Finanz de Villaine.

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Irgendwann war es einfach zu viel. Ein dreistufiges Reinigungsritual, dann Tagescreme, Augencreme sowieso und Serum darüber und natürlich noch Make-up. Oder war es umgekehrt? Zuerst das Serum und dann die Tagescreme mit UV-Filter? "Wir haben die Sehnsucht der Frauen nach einem einfach anzuwendenden Produkt erkannt", erinnert sich Charles Finanz de Villaine, Internationaler Marketingdirektor für Garnier Skincare von L'Oréal.

Wie in riesigen Konzernen so üblich begab man sich also großräumig auf Inspirationsfeldzug - und entdeckte in Korea eine ganz eigene Spezies namens BB-Creme. Die Abkürzung "BB" steht für "blemish balm", übersetzt "Makel-Balsam" und der Schlüssel zum Erfolg liegt im "Eine-für-alles-Prinzip".

BB-Cremen pflegen, durchfeuchten und wirken gegen Falten, gleichzeitig enthalten sie aber auch Farbpigmente und wirken deshalb (fast) wie ein Make-up, zudem haben sie Sonnenschutz intus: ein Rundumschlag also, eine Allrounderin, das Schweizermesser unter den Cremen, und brauchen sollen es alle jene, die es in Sachen Pflege lieber unkompliziert als vielschichtig angehen.

Als Garnier im August 2011 die erste BB-Creme in Europa auf den Markt brachte, war sie einen Monat später komplett ausverkauft. Charles Finanz de Villaine jubelte, weil seine Wette aufgegangen war, nämlich die, dass Trends in der Kosmetik auch aus Asien nach Europa überschwappen können, das hielten Experten lange für unmöglich.

Für jeden Hauttyp geeignet

Die ganze BB-Geschichte ist schnell erzählt. Tatsächlich erfunden wurden sie von der deutschen Dermatologin Christine Schrammek in den 60er-Jahren - als Produkt für Frauen nach kosmetischen Eingriffen. Ihren Siegeszug traten sie dann jedoch in den 80er-Jahren in Südkorea an, "als Schönheitsgeheimnis" der dortigen Stars und damit Garant für Porzellanhaut wurde sie zum Bestseller.

"BB-Cremen sind simpel anzuwenden, dahinter steckt jedoch eine komplizierte Technologie", erklärt Finanz de Villaine. Mit getönten Tagescremen haben die BB-Varianten nämlich keinesfalls etwas zu tun. Die Feuchtigkeit ist in feinen Mikrokapseln verpackt, die erst bei der Anwendung aufbrechen, damit sich die enthaltenen Farbpigmente dann auch optimal verteilen und eventuelle Pickel perfekt abdecken können. Gelblich-orange dürfe das alles keinesfalls wirken, für die Chemiker sei das eine schwierige Herausforderung gewesen.

Mittlerweile haben aber nahezu alle L'Oréal-Marken (Maybelline, Biotherm, L'Oréal Paris, Giorgio Armani, Vichy) jeweils ihre eigenen BB-Cremen im Rennen, auch im Estée-Lauder-Konzern (Clinique, Mac, Estée Lauder, Bobbi Brown) ist man auf den Zug aufgesprungen. Auch in Deutschland: "Sie sind für jeden Hauttyp geeignet, aber Achtung, sie können Flecken auf der Kleidung hinterlassen", warnt Sepideh Reshad, Nivea-Produktentwicklerin vom deutschen Kosmetikriesen Beiersdorf.

"beauty balm"

"BB-Cremen sind kein künstlich erzeugter Marketingtrend, sondern ein echtes Bedürfnis von Konsumentinnen", plaudert Garnier-Marketingstratege Finanz de Villaine aus dem Nähkästchen. Als BB-Pionier vermutet er, dass Frankreich für den Erfolg eine wichtige Rolle gespielt hat. BB weckt dort nämlich eine ganze Reihe von schönen Assoziationen: Zum einen rein klanglich an "bébé" und damit an perfekte Kinderhaut, zum anderen an "Bibi", diese Abkürzung steht für die einst schönste Frau der Grande Nation, Brigitte Bardot, als Bibi ist sie längst eine Legende.

Auch das Buchstabenspiel scheint den Marketingstrategen übrigens gut zu gefallen. Während aus BB längst "beauty balm" geworden ist, treiben sie die Strategie weiter und haben gerade CC - steht für "Colour Correction" - erfunden. Chanel ist gerade ins CC-Segment eingestiegen - einstweilen allerdings nur für den asiatischen Markt.

Und so ganz, scheint es, will man auch nicht an der Einfachheit festhalten. Das BB-Segment diversifiziert sich in Anti-Ageing, Augen, für Jüngere und auch als Make-up-Basis. Eine für alles? Das wäre ja auch zu schön gewesen. (Karin Pollack, Rondo, DER STANDARD, 8.2.2013)