Christine Nöstlinger zählt zu den erfolgreichsten Kinderbuchautorinnen im deutschsprachigen Raum.

Foto: Heribert Corn

A
"Aber alle anderen dürfen!" ist beliebtes kindliches Druckmittel. In den raren Fällen, wo es der Realität entspricht, sollten Eltern ihre Verweigerungshaltung überdenken.

B
Bedingungslos hat Elternliebe zu sein. Ein Kind muss sich ihrer gewiss sein, ganz egal, wie es sich benimmt.

C
Chinesisch lernen heutzutage perfekt geförderte Kindergarten-Knirpse. Ob sie es gern tun, ist fraglich.

D
Dankbar dürfen Eltern dafür sein, Kinder zu haben, Kinder hingegen schulden den Eltern keinen Dank.

E
Ehrgeiz mögen Eltern in eigene Leistung umsetzen und nicht an ihrem Nachwuchs abarbeiten.

F
Das Frühstück bleibt vielen Kindern im Halse stecken. Einzige Möglichkeit, das zu verhindern, wäre in den meisten Fällen: sie von der Schulpflicht zu befreien.

G
Grenzen setzt das Leben den Kindern ohnehin reichlich, Eltern müssen sich nicht auch noch im beliebten Grenzen-Setzen üben.

H
Humor hilft im Leben immer; womit nicht gemeint ist, dass Eltern die Probleme ihrer Kinder mit munteren Scherzen weglachen können.

I
Indiskretion ist ein verbreiteter Tatbestand, wenn es um Kindergeheimnisse geht. Mütter, die heimlich das Tagebuch der Tochter lesen, sind das Allerletzte.

J
Jugend-Jargon muss erduldet werden, aber Kinder finden es peinlich, wenn sich ihre Eltern diesen Jargon selbst zulegen.

K
Kinderzimmer aufräumen ist Kindespflicht, doch welcher Zustand als "aufgeräumt" gelten darf, bestimmt der Bewohner des Zimmers.

L
Angeblich lügt jeder Mensch etwa zweihundertmal am Tag. Kinder sind auch Menschen!

M
Kindern zu Misstrauen erschwert nicht nur das Leben der Kinder, sondern auch das eigene _Leben ungemein.

N
Nachhilfe muss manchmal sein. Aber bitte nie von Mama, Papa, dem großen Bruder oder der großen Schwester. Das würde den Familienfrieden gewaltig trüben.

O
Einen tollen Opa oder eine tolle Oma zu haben gehört zum Besten, was einem Kind passieren kann.

P
Pausenbrote vergammeln gern in Schultaschen, was oft daran liegt, dass Kinder in der Pause, statt zu essen, schnell die Hausübung vom Sitznachbarn abschreiben.

Q
Mit einem Kind, das nie Quatsch macht, soll man schleunigst zum Psychologen gehen.

R
Respekt beruht auf Gegenseitigkeit. Kinder, die von den Eltern nicht respektiert werden, haben keinen Respekt vor den Eltern. Was möglicherweise wie Respekt wirkt, ist Angst.

S
Schule muss sein, muss aber nicht so wichtig genommen werden, dass sich alles in einem Kinderleben nur um die schulischen Leistungen dreht.

T
Eine tägliche Turnstunde wäre angeblich sehr gut für Kinder. Soll aber auch Kinder geben, für die das eine Horrorvision ist.

U
Manche Kinder sind Unschuldslämmer. An ihren Untaten sind stets andere schuld; wobei ihnen viele Mamas Hilfestellung geben, indem sie nach „schlechtem Einfluss" Ausschau halten und prompt fündig werden.

V
Verbote sollte man so sparsam wie möglich setzen, aber darauf achten, dass die unbedingt für nötig erachteten Verbote auch unbedingt eingehalten werden.

W
Dass Watschen gesund sein können, behaupten großgewordene geschlagene Kinder, die das miese Verhalten ihrer Eltern positiv zu interpretieren versuchen.

X
Ein Kind, das Xaver getauft wurde, hat das Recht, einen anderen Vornamen zu beantragen.

Y
Für den Kinder-Yoga-Kurs gilt das Gleiche wie für den Chinesisch-Unterricht.

Z
Zuneigung kann es gar nicht genug geben, da ist kein Übermaß möglich. Falls Eltern deshalb "Affenliebe" attestiert wird, mögen sie es gelassen hinnehmen. (Christine Nöstlinger, Family, DER STANDARD, 11.3.2013)