Demonstrant Andrej Fistravec ist neuer Stadtchef von Maribor.

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Die Last sei groß, sagte der Mann mit dem schwarzen Hut, der am Sonntag zum Bürgermeister von Maribor gewählt wurde. Doch ohne schwere Bürde könne man nie erfahren, wie stark man sei.

Die zweitgrößte slowenische Stadt hat nach einem polternden Polizisten einen nachdenklichen Soziologen ausgesucht. Andrej Fistravec, der sich mit Jugendkultur, Waldorf-Pädagogik, biodynamischer Landwirtschaft und Otto Scharners Theorien bezüglich eines Dialogs zwischen Regierenden, Konzernen und Zivilgesellschaft auseinandergesetzt hat, will zwar mit der "Cowboy-Bürgermeister"-Art seines Vorgängers Franc Kangler aufräumen, Sanftheit ist aber nicht zu erwarten.

Der 56-Jährige legt es sich gern mit Autoritäten an. So hatte er sich etwa derart mit der Universität in Maribor zerkracht, dass ihm die Habilitation entzogen wurde und er sein eigenes Forschungszentrum für soziale Verantwortung gründete. Der Stadtverwaltung, in der noch immer eine Mehrheit von Kangler-Leuten sitzt, kündigte er bereits an, dass nun "Intelligenz, Disziplin und Arbeit sowie einige Entlassungen" bevorstünden.

Fistravec, der zu einem der Sprecher des Aufstands der Bürger von Maribor im vergangenen Herbst wurde, hat an dem Manifest der Demonstranten mitgeschrieben. In Slowenien, wo es zurzeit angesagt ist, gegen alle Parteien zu wettern, hat er durch seine Unabhängigkeit gepunktet.

Fistravec ist ein Lokalpatriot, der das Rebellische in Ostslowenien verortet. Er glaubt, dass die jüngsten Proteste dazu beitrugen, den alten Streit zwischen links und rechts in Slowenien verblassen zu lassen. Als Bürgermeister will er direkte Demokratie fördern und das Rotovz (Rathaus) öffnen.

Allerdings ist unklar, ob alle Aufständischen in ihm wirklich ihren Vertreter sehen. Die Wahlbeteiligung war mit 31 Prozent sehr niedrig. " Die Legitimität des Systems sinkt, wenn sich die Bürger weigern, sich zu beteiligen", hatte Fistravec vor der Wahl erklärt. Nun sagt er, es werde sich zeigen, ob er "reif und verantwortungsvoll" genug für den Job sei.

Als wichtigsten ersten Schritt wolle er nun mit der Handelskammer zusammenzuarbeiten, um Investoren nach Maribor zu holen, hat er angekündigt. Die ehemalige Industriestadt sei noch immer auf der Suche nach ihrer Identität, meint der neue Stadtchef, der auch aktives Mitglied eines Volleyballklubs ist. Mit seiner Frau Irena Polak Fis travec hat er zwei Töchter, Vita und Lucija. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 19.3.2013)