Wäre es nicht so grauslich, man müsste laut lachen: Ein Mann, Justizwachebeamter und Gewerkschafter, soll einer deutlich jüngeren Kollegin E-Mails mit Pornos und Sex-Angeboten geschickt haben, inklusive Foto vom eigenen Brustwarzen-Piercing. Der Falter stellte die E-Mails online. Schön zu lesen, wenn einer so gefühlvoll für sich wirbt: Welche Frau kann da widerstehen?

Die bewusste Frau konnte überraschenderweise, zwei Kolleginnen zeigten den Mann an. Wäre alles streng nach Gesetz gegangen, wäre der Fall vor Gericht gekommen und ein Urteil gesprochen worden. Vielleicht hätte dieses die Polit-Karriere des Mannes ein wenig behindert, und Frauen, denen an ihrem Arbeitsplatz Ähnliches widerfährt, hätten sich bestärkt gefühlt, sich zu wehren. So aber hat das damals von einer Parteifreundin geführte Justizministerium ein bisserl gewartet, die Verjährungsfrist verstrich, und der Mann sitzt heute für die FPÖ im Nationalrat. Die Frauen wurden "auf eigenen Wunsch" versetzt.

Es ist beschämend, dass die FPÖ-Frauensprecherin dem Kollegen reflexartig die Mauer macht und die Frauen der böswilligen Verleumdung beschuldigt. Eine behände Täter-Opfer-Umkehr, die das blaue Geschrei um mehr Härte bei Sexualdelikten unglaubwürdig macht. Aber auch die Frauenministerin und die jetzige Justizministerin sollten Druck machen, dass diese Frauen geschützt werden. Gut gemeinte Gesetze allein reichen oft nicht aus. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 21.3.2013)