Bobby Krlic produziert als The Haxan Cloak bedrückende, intensive Musik als imaginäre Soundtracks für Horrorfilme.
Foto: tri angle

Sicher sind die Zeiten düsterer und härter geworden. Es mag auch sein, dass nach all den Jahren der Verheißungen in den Clubs die Zeichen derzeit wieder mehr auf Dunkelheit und Schattenseiten stehen. Immerhin erwiesen diese sich immer schon als interessanter und tragfähiger als Musik im Bann von Happy-Go-Lucky. Eine der weltweit erfolgreichsten Fernsehserien nennt sich The Walking Dead und stellt die Geschicke von Überlebenden einer Zombiekatastrophe in den Mittelpunkt. Im Bereich des Pop geht es schon lange nur noch um die Beschwörung von Geistern, Untoten und dem Herumgespuke in abgelebten Illusionen, die einmal von einer besseren Welt, Glück und Freiheit kündeten. Längst geht es nicht mehr darum auszubrechen. Lieber die Fenster vernageln, damit die Untoten nicht hereinbrechen.

Im Bereich der elektronischen Musik trägt man längst wieder Schwarz und beschäftigt sich mit Horror, Schauer, Schrecken. Im Laufe der vergangenen zwei, drei Jahre veröffentlichten britische Acts wie Demdike Stare oder Raime auf den Labels Modern Love oder Blackest Ever Black oder oOoOO, Evian Christ und Wife. auf dem in New York und London beheimateten Label Tri Angle dunkle, bedrückende, zeitlupenhafte Alben und 12-Inch-Singles, die großteils nicht nur dem möglicherweise auch drogeninduzierten Horror am Ende einer Clubnacht verpflichtet waren. Speziell die damit verbundene Paranoia sowie allumfassende Traurigkeit, nein, absolute Niedergeschlagenheit steht hier im Mittelpunkt zäher, unbequemer, aufwühlender Zeitlupenstudien. Vor allem dem nordenglischen Duo Demdike Stare ist diesbezüglich mit dem 170-minütigen Opus magnum Tryptych eine sämtliche Hörkapazitäten niederwalzende Großtat gelungen. Dazu laufen live schattseitige Filmschnipsel und werden magische Symbole der schwarzen Künste eingearbeitet.

Mit Horrorfilmmusik, Endzeit und Ausweglosigkeit beschäftigt sich auch der Londoner Elektroniker Bobby Krlic unter seinem Pseudonym The Haxan Cloak. Nach seinem Debüt für Aurora Borealis ist er gegenwärtig bei Tri Angle untergekommen. Er fährt auf dem neuen Album Excavation schwerste Geschütze auf. Es handelt sich dabei um ein Konzeptalbum, auf dem es um immer schwarze Themen wie den Tod, die Grube und das, was eventuell danach kommt, etwa das große blanke Nichts, geht.

Mit beeindruckender Ingenieurskunst zieht Bobby Krlic dabei dem Format alter Zombiefilm- und Splatter-Soundtracks im Geiste der Regisseure Dario Argento oder George A. Romero verpflichteten Tracks den rhythmischen Boden unter den Füßen weg. Auch die musikalischen Arbeiten des US-Regisseurs John Carpenter für Escape from New York oder Assault On Precinct 13 werden bei The Haxan Cloak erinnerlich. Blut tropft quälend langsam aus den Boxen, Streicher- und Synthesizerspuren werden extrem verlangsamt. Aus dicken Nebelwänden dröhnen Totenglocken. Bassfrequenzen und kaum noch erkennbare Gitarrenspuren werden gedehnt, überdehnt. Sie klingen wie dumpfe Detonationen. Chören aus dem Totenreich ergeht es nicht viel anders. Dies ist alles andere als angenehm zu hören. Intensiv und lohnend ist Booby Krlics Musik allemal. Halbe Sachen gibt es schon genug. Gegen Ende im Track Dieu gibt es zur Belohnung fast so etwas Ähnliches wie sich versöhnlich über die Tanzfläche schleppende Beats. Der DJ sitzt in einem Traktor, der mit Diesel fährt, in den man eine Familienpackung Valium geleert hat.

Heute, Freitag, 26.4., tritt The Haxan Cloak im Rahmen einer Tri-Angle-Label-Night beim Donaufestival in Krems auf. Mit dabei auch die erwähnten oOoOO, Wife. und Evian Christ. Am Samstag folgen Raime und Demdike Stare. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 26.4.2013)