Geburtstag bis zum Abwinken: Porsche, Aston Martin, Ford und Lamborghini bejubeln 2013 runde Jubiläen, gefeiert wird traditionell mit Sondermodellen und Concept Cars. Ein Blick in die Historie der automobilen Party-Typen

Sie sind so etwas wie fix programmierbare Einspritz-Intervalle für Marketing-Strategen: Jubiläen und mehr oder weniger runde Geburtstage. Kaum steigt eine entsprechende Zahl aus der Historie eines Unternehmens, stehen die Zeichen auf Jubel. Autohersteller feiern besonders gerne. Mal dezent, mal pompös. Vom regionalen Ereignis (25 Jahre Toyota Fleschensteiger in Prignitz an der Steiß, gefeiert wird mit Steckerlfisch-Partie und einer Yaris-Edition mit sportiven Wende-Fußmatten) bis hin zur Inauguration einer Legende (Ferrari F40) reichen die Inszenierungen. Ein Trend zum Ehrentag, der vor allem in den vergangenen Jahren die Branche erfasst hat.

Dieses Jahr stellen und stellten sich gleich mehrere Zelebritäten aus der Hall of Fame des Automobilbaus für eine Geburtstagsparty an. 50 Jahre Lamborghini, 60 Jahre Chevrolet Corvette, 50 Jahre Porsche 911, 50 Jahre Mercedes SL "Pagode", 65 Jahre Land Rover, 100 Jahre Aston Martin, 110 Jahre Ford - kein Zweifel: Aus einer Laune der Geschichte heraus ist 2013 das Jahr der großen Geburtstagsknaller. Aber auch historische Rennsiege, Gründungen von Importeurs-Niederlassungen oder die Einführung einer technischen Innovation dürfen als Signalreiz für eine Party herhalten.

Gefeiert wird mit Sondermodellen, Rabatt-Angeboten oder einem eigens herausgeschnitzten Concept Car. Letzteres schenken sich die Hersteller vor versammelter Weltöffentlichkeit gerne selbst - ein eigenwilliges, der Selbstkrönung artverwandtes Ritual, das ein Spezifikum der Autoindustrie zu sein scheint.

Wie auch gemacht und gedacht: Ziel ist vor allem die Erregung von Aufmerksamkeit - und das ist den Herstellern in den vergangenen Jahrzehnten durchaus gelungen. Eine Zeitreise zu einigen teils banalen, teils schrillen Jubilaren der Automobilgeschichte:

Den Big Bang in Sachen Geburtstag lieferte dieses Jahr zweifelsohne Lamborghini mit dem Egoista ab. Der Stealth-Bomber in Autogestalt markierte den Höhepunkt der 50-Jahr-Feierlichkeiten des italienischen Sportwagenherstellers. Das von VW-Chefdesigner Walter de Silva ersonnene Concept Car nimmt Anleihen bei einem Apache-Kampfhubschrauber und versteht sich als "Hedonismus in Reinkultur".

Foto: lamborghini

Sachlicher ging Porsche das 50-Jahr-Jubiläum seines Longsellers, des legendären 911, an. Mit der Neuauflage des GT3 (475 PS) setzten die Stuttgarter bereits Anfang des Jahres ein Ausrufezeichen. Star der bis September laufenden Neunelfer-Sonderausstellung im Porsche-Museum Zuffenhausen ist ein limitierter Elfer, der teils auf Retro, teils auf Biedersinn der Sechziger machen darf. Warum kein RSR-Wiedergänger im Martini-Racing-Trimm, bitte schön?

Foto: porsche

Faktisch und ziemlich brutal ging Aston Martin den 100er Mitte Mai an: Präsentation des CC100, eines türkisen Fieberzapferls mit rund 600 PS, beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring. Für die Jubel-Rakete wurde eine Serien-Plattform mit Carbon überzogen, der 12-Zylinder-Motor besorgt einen 0-100-km/h-Wert von rund vier Sekunden. Ein Einzelstück, vorerst.

Foto: aston martin

Das Rolemodel für automobile Geburtstagsgrüße: Der unvergessene Ferrari F40. Die Modellbezeichnung verweist auf das runde Firmenjubiläum, Technik und Auftritt auf den Nimbus des Supercars der Achtziger. (Der Porsche 959 war natürlich auch nicht schlecht.) Enzo Ferrari gab das 479-PS-Gerät persönlich in Auftrag, die Rennsport-Silhouette erschuf Pininfarina. Als der Wagen 1987 debütierte, gab es bei der Kundschaft kein Halten mehr: Statt der angepeilten 450 Exemplare wurden bis 1992 immerhin 1.300 gebaut. Bei Interesse: Ist teuer (300.000 Euro aufwärts), braucht mangels Traktion nach jedem ernsthaften 0-100-km/h Sprint (4,6 Sekunden) neue Hinterreifen.

Foto: Ferrari

Lamborghini antwortete ein Jahr darauf mit einer Sonderedition des schmutzigen Oldboys der Szene, des Countach. Da der Hersteller aus Sant'Agata Bolognese in jenen Tagen finanziell noch klammer war als die Kollegen von Ferrari, ging sich bloß eine aufgebrezelte Version des 5000QV (455 PS) aus. Bis 1990 gebaut, ist der Jubilar an den aufgeschlitzten Flanken und mit Kunststoff gerahmten Heckleuchten erkennbar.

Foto: lamborghini

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Vor allem die Italiener kommen angesichts ihrer (teils) großen Historie immer wieder in Geburtstagsstimmung. So auch Maserati im Jahr 2005. Mit dem "Birdcage" kreierte Pininfarina ein würdiges Präsent anlässlich des 75. Geburtstags des Unternehmens. Der Name ist eine Verneigung vor dem legendären Rennwagen Tipo 60/61 von 1959, das mobile Dach (mit Head-up-Display in der Windschutzscheibe) der Garant dafür, größtmögliche Aufmerksamkeit zu erregen.

Foto: ap/trezzini

Gerne hofierten Design-Schmieden diverse Autokonzerne mit Geburtstagspräsenten. Zagato schmeichelte Alfa Romeo im Jahr 2010 mit dem TZ3 Corsa (rechts). Zum Zentenarium des Herstellers stellten die Mailänder dem Nachbarn eine Referenz an die räudig-schönen Sportwagen der 1960er hin. Den Unterbau gab der Alfa 8C, als Zagato ein Jahr später um einen TZ3 Stradale (links) erweitern wollte, gab hingegen eine Dodge Viper die Basis. Der Preis für den Ami im italienischen Maßanzug: 500.000 Euro.

Foto: zagato

Bertone versetzte anlässlich des Hunderters von Alfa Romeo gleich ein ganzes Auto in Jubelstimmung. Die Studie Pandion riss nicht nur die Türen, sondern gleich die Fahrzeugflanken in die Höhe. Bertone hat es seit jeher mit exaltierten Türen, siehe Stratos Zero, Lamborghini Countach oder Alfa Carabo.

Foto: alfa romeo

2011 diente sich Bertone mit einer weiteren Jubiliäumsnummer an. Diesmal feierten die Italiener sich selbst, nämlich das 99-jährige Bestehen. (Über den Gag lachen sie bei Bertone wohl noch heute.) Profiteur war der britische Hersteller Jaguar, der mit dem B99 den Ausblick auf eine kompakte Limousine vor die Haustür gestellt bekam. Ging wohl aufgrund der Ferne zur aktuellen Design-Linie nie in Großserie.

Foto: bertone

Atmosphärisch dicht begingen die Briten hingegen das eigene Wiegenfest im Jahr 2010. 75 Jahre Jaguar feierte man in Coventry mit dem außergewöhnlichen C-X75. Die Studie setzte mit einer Kombination aus Elektroantrieb und zwei kleinen Jet-Turbinen auf den totalen Showeffekt. 330 km/h Top-Speed und ein Sprint von 0 auf 100 in etwas mehr als drei Sekunden sollten jedoch nur das Concept Car schmücken. Zwar schien kurz der Bau einer Kleinserie möglich, tatsächlich aber blieb es beim Scheinen.

Foto: jaguar

In Crewe, genauer bei Bentley, ließ man sich 2009 und im Rahmen der Feierlichkeiten zum 90er des Unternehmens tatsächlich etwas Schlaues einfallen: Der brasilianische Pop-Art-Künstler Romero Britto wurde eingeladen, an den einzigen erhaltenen Prototyp des Continental GT Hand anzulegen. Das nicht fahrbare Stück erzielte bei einer Auktion einen Erlös von immerhin 140.000 Euro, der Betrag kam Stiftungen mit sozialem Anliegen zugute.

Foto: bentley

Wenig sozial ging Mercedes die Jubiläumssache mit dem SLR 722 Edition an. 1955 siegte Stirling Moss auf einem 300 SLR mit der Startnummer 722 bei der Mille Miglia. Zum Fünfziger im Jahr 2005 ließ sich Mercedes zu einer Hardbody-Version des SLR anstacheln, die im Jahr darauf debütierte. Das 650-PS-Supercar nahm dem Normalo-SLR beim Standardsprint 0,2 Sekunden ab (3,6 Sekunden), ein tiefergelegtes Fahrwerk, Carbon-Keramik-Bremsscheiben und ein neuer Heckdiffusor besorgten Jubelstimmung.

Foto: daimler

Mit einem 3,5-Liter-V6-Mittelmotor forcierte Renault 2012 die Studie A110-50, zu feiern galt es einen Klassiker des Rallyesports, die Alpine A110 Berlinette. Die charismatischen Looks der Ur-Alpine sind bei der Neuauflage zwar verschüttgegangen, dafür haben die 440 PS Leistung leichtes Spiel mit gerade einmal 880 Kilogramm Gewicht.

Foto: renault

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In Genf vermochte dieses Frühjahr eine Art Geldvernichtungs-Quickie zu beeindrucken: Der Koenigsegg Agera S Hundra. 1.044 PS katapultieren den Doping-Schweden in 2,8 Sekunden auf Tempo 100, diverse Gold-Lackapplikationen machen den Flügeltürer zum Jubiläumsmodell. Der Name "Hundra" ist Schwedisch, heißt übersetzt "Hundert" und verweist auf die bisherige Gesamtproduktion des Herstellers. Preis des Jubel-Hundras: 1,4 Millionen Euro. Falls Sie jetzt den Bausparer für das Einzelstück auflösen wollen: Der Wagen hat bereits einen glücklichen Besitzer, angeblich erbarmte sich ein Hongkong-Chinese.

Foto: ap/trezzini

Zehn Jahre ohne Kompromisse: Ariel, die britische Manufaktur mit dem eingebauten Mut zum Verzicht, beging 2011 das zehnjährige Firmenjubiläum mit einer Sonderedition des Atom. Mugen, der bei Honda-Fans hinlänglich bekannte japanische Tuner, fand aus diesem Anlass noch ein paar PS im Zweiliter-Vierzylinder. 270 PS verbreiteten fortan Partystimmung. Zehn Exemplare wurden zum Preis von je 59.000 Euro gefertigt, die Jubel-Serie ist ausverkauft.

Foto: ariel motor

Zum 75. Geburtstag des hinreißenden BMW 328 - der Racer setzte in den 1930ern Maßstäbe in Sachen Aerodynamik und Leichtbau - beglückten sich die Bayern mit dem 328 Hommage. 2011 bei der Eitelkeits-Show Concorso d'Eleganza Villa d'Este enthüllt, markierte der Roadster einen gelungenen Brückenschlag zwischen Damals und Heute, ohne bei allzu viel Nostalgie anzustreifen. Man beachte die Lederriemen an den Flanken.

Foto: bmw

Effektiv, aber nicht ganz so geschmackvoll ging es der Bugatti EB110 an. Seine 560 PS brachten den Traditionshersteller 1991 nach Jahrzehnten der Absenz wieder zurück auf die Landkarte. 4,8 Millionen Schilling (350.000 Euro) waren für das etwas uncharmante Gerät mit dem CFK-Überzug fällig, das den 110. Geburtstag von Firmengründer Ettore Bugatti würdigen sollte. Der damals schnellste Seriensportwagen der Welt (0-100 km/h in 3,4 Sekunden) verkaufte sich in allen Versionen gerade einmal 128-mal, 1995 schlitterte das Unternehmen erneut in die Pleite. Dann kam VW - und alles wurde bekanntlich ähnlich und doch anders.

Foto: bugatti

Ziemlich ernsthaft packte Ford sein 100-Jahr-Jubiläum im Jahr 2003 an. Gleich mehrere Concept Cars ließen die legendären Modelle des Hauses wie Thunderbird und Mustang auferstehen. Ein Rebirthing erfuhr auch der Langstreckenklassiker namens GT40, der als Studie 2002 debütierte. Als die Fangemeinde in ekstatische Verzückung geriet, baute man in Dearborn das Showcar zu einer Kleinserie aus, die punktgenau zum runden Geburtstag Premiere feierte. Bis 2006 wurden etwas mehr als 4.000 Mittelmotor-Geräte fertiggestellt. Profitiert hat von der Feierlaune auch der Mustang, der ab 2004 endlich wieder wie ein Mustang aussah.

Foto: ford

Mehr Walkürenritt als "Happy Birthday": Bei Cadillac war das Präsent für die ersten hundert Jahre eine Auto gewordene Wagner-Oper: Cien nannte sich der Kampfjet-Verschnitt mit dem Heck-Mittelmotor, dessen 750 PS über die Hinterräder herfielen. Das Flügelmonster mit dem carbonverkleideten Monocoque blieb ein einmaliges Jahrhundert-Ereignis.

Foto: general motors

50 Jahre Pontiac schraubte der Hersteller 1976 mit einem unfassbaren Sondermodell des Firebird Trans Am ins Gedächtnis der Klientel. Der schwarze Rächer mit den Bling-Felgen und dem goldenen Adler auf der Motorhaube sollte das Bild von Amerika nachhaltig verändern. Dass der 6,6-Liter-V8 bloß 200 PS mobilisierte, war angesichts der Optik vernachlässigbar, nach einem Nose-Job am Firebird (rechteckige Scheinwerfer) stieg der schwarz-goldene Trimm zum Filmstar auf. "Smokey and the Bandit" hieß das Werk mit der relativ simplen Handlung. Burt Reynolds war "Bandit" - und dann Superstar.

Foto: pontiac

1979 war ausgerechnet AMC nach einer 25-Jahr-Feier zumute. Gewürdigt wurde der Zusammenschluss der Firmen Nash und Hudson zur American Motors Corporation, betroffen war der Concord. Die biedere Limousine war eine Art "Badge-Innovation", schließlich war der Unterschied zum Vorgänger, dem betagten Hornet, minimal. Das Äußere wurde aufgepeppt, der technische Unterbau etwas überarbeitet. Den limitierten Jubiläums-Concord schmückten zwei Silberfarbtöne, Speichenfelgen und Sitze mit geschmackvollen Cord-Überzügen. Die marode Firma konnte auch er nicht retten.

Foto: amc

Der mittlerweile verblichene Traditionshersteller Saab war nicht ohne Grund auf seine Turbo-Benziner stolz. Im Jahr 2001 feierten die Schweden 25 Jahre Turbo mit einer aufgefetteten Ausgabe des Saab 9-3. Eine Jubiläumsfeier, die VWs frühen Pumpe-Düse-Turbodiesel eher nicht widerfahren wird.

Foto: saab

Als 1951 bei Mercedes das erste "Universal-Motor-Gerät" zusammengeschraubt wurde, ahnte niemand, dass der Unimog 60 Jahre später zum Helden der Arbeit aufsteigen würde. Daimler feierte den runden Geburtstag im Jahr 2011 mit einer Hommage an den Alleskönner. Mit Pritsche und grüner Lackierung sollte der Prototyp an den Unimog Nummer eins erinnern. Was er auch tat. Irgendwie. (Stefan Schlögl, derStandard.at, 18.6.2013)

Falls Ihnen ihr Lieblings-Geburtstags-Sondermodell in dieser kleinen Zusammenschau fehlt: Posten Sie Ihren Party-Favoriten. Jeder Gast ist willkommen.

Foto: daimler