Die britisch-tschechische Post-Dubstep- und Bassmusik-Pop-Künstlerin Emika.

Foto: Ninja Tune

EMIKA
DVA
(Ninja Tune)
Emika ist eine tschechisch-britische Elektronikerin mit Operationsbasis Berlin. Sie führt den speziell auch auf Gesang und Song basierenden, melancholischen Autoren-Dubstep ihres Debüts von 2011 auf dem tschechisch "DVA", also "zwei" betitelten Nachfolgealbum weiter, von den gebrochenen jamaikanischen Dub-Beats mit Matura weg verstärkt Richtung Akademikertechno. Dazu kommt noch ein wenig Hochkultur in Gestalt von Gastbeiträgen einer klassischen Sopranistin sowie eines Orchesters. Das klingt mitunter ziemlich spannend wie auch eingängig - und sogar zum nachdenklichen Tanzen einladend. Den Höhepunkt des Albums stellt aber trotzdem eine Coverversion dar. Der schwermütige US-Exboxer Chris Isaak hat mit "Wicked Games" einst Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre einen der traurigsten Mini-Welthits der Geschichte geschrieben. Emikas Adaption führt die melancholische Grundstimmung auf technoider Basis adäquat weiter.

BEADY EYE
Be
(Columbia)
Liam Gallagher und die Restbestände der früheren Resteverwertungsband Oasis haben es für sehr viel Geld tatsächlich geschafft, Dave Sitek von TV On The Radio als Produzenten zu gewinnen. Der zerstört zum Wohle seines Bankkontos mit einem Schlag all sein symbolisches Kapital, also ein Ausnahmeproduzent und Mann mit Geschmack zu sein. Wenigstens aber schafft er es mit seinen interessanten Arrangements zwischen Elektronikzirpen, fetten Bläsersätzen und Samplezuspielungen, die absolute Hirnlosigkeit der Musik dieser Band ein klein wenig zu überdecken. Das ist nicht das Ende des Britpop. Das ist Musik nach dem Ende des Britpop. Wenn die Beatles oder die Kinks oder irgendwelche anderen Posterboys aus dem Hobbykeller Liam Gallaghers damals ungefähr mit nur drei Prozent Arbeitseinsatz unterwegs gewesen wären, hätte es besser geklungen. Die Texte allerdings sind preisverdächtig: "Life is short, so don't be shy. Spread your wings and learn to fly." Das muss man sich erst einmal trauen.

JON HOPKINS
Immunity
(Domino)
Der britische Elektroniker hat vor einem Jahrzehnt "Sex and The City", eine der fürchterlichsten TV-Serien aller Zeiten, mit Ambient-Soundtracks beliefert. Als Produzent sorgte er dafür, dass Coldplays Album "Viva La Vida" so richtig übel zwischen U2-Kitsch und elektronischem Brian-Eno-Kitsch auf der Tempotaschentuchspur Meter machte. Mit Ambient-Altmeister Brian Eno selbst arbeitete Jon Hopkins übrigens auch schon zusammen. Ebenso wie mit Songwriter King Creosote für das Album "Diamond Mine", das man in seiner Verbindung von Grey's Anatomy-Songs und zartbitterer Elektronik aber gelten lassen kann, weil man ja auch das Positive erwähnen muss. Die Tracks auf "Immunity" nun stellen eine echte Rehabilitation dar. Es handelt sich zum Ersten um ein astreines, gutes Tempo machendes Technoalbum, das den Bogen einer Nacht recht hübsch nachzeichnet. Zweitens versucht Hopkins gar nicht, einen auf modern zu markieren, sondern vertraut auf alte Werte und Beats, die gar nicht erst versuchen, bei der Trendsportjugend mit Post-Dubstep-Beats Punkte zu machen. "Seriöser" Dubstep heißt übrigens spätestens seit dem Welterfolg des die Szene in die Hitparaden puschenden US-Poseurs Skrillex "Bassmusik". Das wissen wir jetzt auch. Hopkins produziert mit ruhigen flächigen Ambienteinsprengseln lieber zeitlose Beatkunst, die an frühere Arbeiten Aphex Twins erinnert, wenn dieser mehr auf Zärtlichkeit und Engtanzen gesetzt hätte. Das Album wird derzeit überall groß abgefeiert. Schön für Jon Hopkins.

TRICKY
False Idols
(!K7)
Tricky hatte die letzten zehn Jahre keine gute Zeit. Zu viel Drogen, zu viele Klatschgeschichten dank einer Affäre mit Björk, zu viele Depressionen, zu schlechte Platten. Mittlerweile in Paris lebend, hat sich der Mann aus dem Umfeld Massive Attacks hörbar erholt. Die dunkel pochenden Beats sind wieder zwingender geworden, der murmelnde Gesang bösartiger. Gastsängerinnen wie die deutsche Nneka überzeugen. Albträume, in Cannabis-Eis gegossen. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 14.6.2013)