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"Ich habe hier in Wien Recht gelernt, ich hoffe, es hier auch zu finden" , lauteten die Schlussworte von Anwalt Gerhard Kucher (li.). Er und die Ex-Hypo-Chefs Wolfgang Kulterer (Mitte) und Günter Striedinger fassten jahrelange Haft aus.

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Es war ein schwarzer Tag für Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer. Punkt 13 Uhr verkündete der Präsident des 13. Senats des Obersten Gerichtshofs (OGH), Kurt Kirchbacher, das Urteil in der Causa Vorzugsaktien I. Dessen Kernaussage: Das erstinstanzliche Urteil wurde voll bestätigt und ist somit rechtskräftig. Kulterer und seine drei Mitangeklagten hörten der Verkündung mit steinernen Mienen zu, sie müssen wegen Untreue bzw. Beihilfe dazu ins Gefängnis. Kulterer für 3,5 Jahre, sein Ex-Vize Günter Striedinger sowie Anwalt Gerhard Kucher für vier Jahre, Steuerberater Hermann G. fasst 4,5 Jahre aus.

"Mit Verwunderung" habe er das Urteil vernommen, sollte Kulterer eine halbe Stunde später vor den historischen Sitzungssälen des OGH zu Journalisten sagen, er wolle nun den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen. Und, so Kulterer: "Wenn die Haft sein muss, wird sie mich auch nicht zerstören."

Rückblick

Kurzer Rückblick, worum es in der Causa geht: Die Hypo hat 2004 Vorzugsaktien im Volumen von 55 Mio. Euro an die BC-Holding von Anwalt K. begeben. Das Geld dafür bekam die BC Holding per Kredit von der Hypo Liechtenstein; zwischengeschaltet waren in Summe zwölf liechtensteinische Stiftungen. Die BC kassierte 6,25 Prozent garantierte Vorzugsdividende (die Kreditzinsen lagen bei vier Prozent). Auf Druck der Aufsichtsbehörden, die den Eigenkapital-Charakter des Geldes seit jeher schwer bezweifelt hatten, hat die Hypo die Vorzugsaktien später zurückgekauft - und weiter verteilt. In den Augen der Erstrichterin war all das Untreue, das zugeführte Geld kein Eigenkapital. Den Schaden der Hypo bezifferte sie auf Basis eines Gutachtens von Karl Hengstberger mit 5,5 Mio. Euro.

All das hat der OGH in seinem öffentlichen Gerichtstag am Dienstag bestätigt, die Anwälte hätten "heute am zentralen Geschehen des Strafverfahrens vorbei argumentiert", erklärte der Senatspräsident prägnant. Was das Zentrale gewesen sei: einzig und allein der Tatbestand Untreue.

Die Anwälte hatten sich in ihren Plädoyers eine Stunde lang vor allem auf eine Frage konzentriert: auf die Rolle des vom Staatsanwalt bestellten Sachverständigen. Sie argumentierten, dass seine Behandlung vor Gericht, wo er wie ein Zeuge befragt wurde, ein faires Verfahren verhindert habe. So ein Sachverständiger sei automatisch befangen, die - anderslautende - Passage in der Strafprozessordnung (StPO) verfassungswidrig. Privatgutachter seien nicht zugelassen worden.

"Heldenmut" verlangt

Am deutlichsten drückte es Kuchers Anwalt Michael Rohregger aus: "Es würde Heldenmut eines Sachverständigen verlangen, wenn der in der Hauptverhandlung, zu seinem Gutachten befragt, sagen würde: ,Ich habe es mir überlegt, mein Gutachten ist falsch.'"

Rohregger gab dem OGH daher auch "die Anregung", ein Prüfungsverfahren der StPO-Bestimmung vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu beantragen. Kulterers Anwalt, Ferdinand Lanker, hat in seinem Plädoyer einmal mehr erklärt, sein Mandant sei zum "Buhmann der Nation" ernannt worden. Und zwar, "um die tatsächlich Verantwortlichen zu verschleiern", die in Politik und BayernLB zu suchen seien.

All diese Einwände hat der OGH elegant vom Tisch gewischt, auch die Strafbemessung hat er belassen. Er ist damit seinem Berater, der Generalprokuratur, gefolgt, die den Höchstrichtern die Zurückweisung der Rechtsmittel empfohlen hatte. In ihrer Entscheidungsbegründung stellten die Höchstrichter ihre Funktion klar: "Der OGH überprüft das Erstverfahren, er kann es aber nicht nachholen." Die Angeklagten bzw. ihre Anwälte hätten jederzeit Privatsachverständige einsetzen können, "die den Gerichtsgutachter auch befragen hätten können". Allein: Sie hätten diese Möglichkeiten gar nicht genützt, keine Privatsachverständigen beantragt. Es gebe daher diesbezüglich nichts zu überprüfen. Die Frage, den VfGH mit dem Thema Sachverständige zu befassen, "stellt sich daher von vornherein nicht". Lapidarer Schlusssatz: "Damit ist der Gerichtsfall abgeschlossen." Den Verurteilten blüht nun die Aufforderung zum Haftantritt.

Auf einer anderen Ebene haben Kulterer und Striedinger gewonnen. Die Hypo hat eine Schadenersatzklage (6,4 Mio. Euro) gegen sie wegen eines faul gewordenen Kredits rund um einen Inselkauf in Kroatien auch in zweiter Instanz verloren. Die Hypo hätte im Laufe des Projekts selbst die Möglichkeit gehabt, den Schaden zu vermeiden, man könne ihn nicht alleine den Ex-Managern umhängen, begründeten die Richter ihr Urteil. Kostenpunkt für die Hypo: mehr als eine Million Euro. (Renate Graber, DER STANDARD, 3.7.2013)