Verteidigungsminister und Armeechef Abdulfattah al-Sisi ist mit seinen 58 Jahren zwar nicht mehr ganz jung, verkörpert aber dennoch eine neue Generation von ägyptischen Militärs: Er ist der erste auf diesem Posten, der nicht selbst an einem Krieg gegen Israel teilgenommen hat. 1977, als er die Militärakademie in Kairo verließ, war der Oktoberkrieg (Jom-Kippur-Krieg) vier Jahre vorüber, und Anwar al-Sadat hatte den Weg zum Friedensschluss eingeschlagen. Al-Sisi trägt auch, anders als sein Vorgänger im Amte, der von Präsident Mohammed Morsi im August 2012 in die Pension beförderte Hussein Tantawi, nicht den Rang eines Feldmarschalls.

In den Jahren nach seiner Graduierung besuchte der 1954 in Kairo geborene Infanterie-Spezialist al-Sisi diverse Generalstabslehrgänge, unter anderem auch in Großbritannien und später noch einen "War Course" in den USA. Er gehört also auch zu jener Altersklasse von ägyptischen Militärs, die nicht mehr in Moskau um Waffen gebettelt haben: Al-Sisis militärische Gegenüber sitzen im Pentagon. Eine Zeitlang verbrachte er als ägyptischer Militärattaché in Saudi-Arabien, 2008 wurde er Kommandeur des Armeebereichs Nord in Alexandria.

Al-Sisis Frau trägt Nikab

Nach dem Sturz von Hosni Mubarak im Februar 2011 wurde al-Sisi in den Obersten Militärrat und als Chef des Militärgeheimdienstes berufen.

Als Morsi das jüngste Mitglied des Rats 2012 an die Spitze der Armee und zum Verteidigungsminister beförderte, heizte dies die Gerüchteküche an: Als "Mann der Muslimbrüder in der Armee" hatte der umstrittene TV-Moderator Tawfik Okasha, ein Mann des Ancien Régime, den General schon zuvor bezeichnet. Al-Sisi ist zumindest religiös, noch mehr seine Frau, die einen Nikab (Gesichtsschleier) tragen soll. Das ist jedoch in Muslimbrüder-Familien kein alter Usus, sondern vom Golf importiert und greift erst in den letzten Jahren um sich.

Abdulfattah al-Sisi gilt als medienscheu, fungierte aber ab 2011 dennoch öfter als Sprecher der Armee. Sein Name ist mit den Armeeübergriffen auf Demonstrantinnen verbunden, die festgenommen und misshandelt und "Jungfräulichkeitstests" unterzogen wurden. Nichtverheiratete nichtjungfräuliche Frauen wurden als "Prostitutierte" identifiziert. Al-Sisi fiel dazu ein, dass die Untersuchungen dazu dienten, die Frauen vor Vergewaltigung und die Soldaten vor Vergewaltigungsvorwürfen zu schützen. Nach einem Aufschrei des Protests ruderte er jedoch zurück. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 3.7.2013)