Heimlich, still und leise hat in einem Durchgang zwischen Lugeck und Wollzeile die Labstelle eröffnet. Paradeiser von der Gärtnerei Bach mit geräuchertem Ziegenkäse und Sellerie.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Paradeiser von der Gärtnerei Bach mit geräuchertem Ziegenkäse und Sellerie.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Was als Erstes auffällt, sind die Schlingpflanzen, die das ansonsten nüchtern renovierte, seit kurzem geöffnete Durchhaus zwischen Wollzeile und Lugeck auf charmante Art mit einer Ahnung von Grün erfüllen. Beim Eintreten ins langgestreckte neue Restaurant bemerkt man die schönen wie kostspieligen Y-Chairs des großen dänischen Tischlers Hans J. Wegner.

Und dann sind es schon die jungen Männer vom Service, deren ausgesucht aufmerksame, offene Art sicherstellt, dass man sich gleich aufs Wärmste willkommen fühlt. Ein Gefühl, das sich im Übrigen den Abend über noch verstärken wird - wie kaum woanders in der Stadt scheint die heikle Balance aus dauernder Verfügbarkeit des Personals bei gleichzeitiger Ungestörtheit hier von Anfang an zu klappen.

Regionale Küche

So etwas weckt natürlich Erwartungen. Nun versteht sich die Labstelle trotz edler Location und Ausstattung keineswegs als Gourmettempel. Die Küchenlinie ist explizit regional, Fisch kommt vom Züchter Franz Hengl (Wagram), Gemüse aus den Wiener Gärtnereien Bach (ja!) und Ganger, der Ziegenkäse vom wunderbaren Helwin Hinke aus dem Wienerwald. Brot wird in nicht weniger als acht Variationen selbst gebacken (auch mit Sauerteig!), Sauergemüse selbst eingelegt oder fermentiert. 

Das Essen aus der Hand des jungen Küchenchefs Kristijan Bacvanin ist auf inspirierte Art unaufgeregt. Wenn er etwa köstliche Paradeiser mit zweierlei Ziegenkäse (frisch und aufgeschlagen einerseits, sanft geräuchert anderseits) und Stangensellerie kombiniert und daraus eine erfrischende, geschmacklich durchaus elaborierte Vorspeise zusammenfügt. Oder bei gefülltem Kohlrabi mit knackigem Gemüse, zuckersüßen Erbsen, Kräutern und aufgeschäumter Lavendelbutter, die die Elemente zu einem köstlichen Ganzen verbindet.

Kalbskopf wird lauwarm mit Käferbohnencreme, Löwenzahnsalat und zwei Würfeln vom gebackenen Kopf aufgetragen, auch sehr gut. Knödel mit Speck und Ei geraten endlich einmal richtig flaumig und saftig, dazu gibt's grünen Salat mit Senfmarinade - was will man mehr?

Schneenockerl mit Vanillesauce

Sautanz ist eine aufwändige Kombination aus richtig gutem, knusprigem Bauch, rauchiger Saumaise (die der Waldviertler Herkunft von Betreiber Thomas Hahn geschuldet ist), hauchfeinem Blunzentascherl, winzigen Grammelknödeln und speckigem Frühkrautsalat.

Das Bauern-Rossini, ein Steak mit Geflügelleber-Jus, schwarzen Nüssen und ganz wunderbaren eingelegten Pilzen beweist, wie sich auch ohne Trüffelsauce und Gansleber ein rücksichtslos köstliches Steak basteln lässt. Unbedingt Platz sollte man sich für Schneenockerl mit Vanillesauce lassen - Letztere ist nämlich von einer Köstlichkeit, wie sie auch Bilderbuch-Omas nur in Ausnahmefällen zsambringen.

Alles in allem eine richtig gelungene Neueröffnung, die mitten im Figlmüller-Revier demonstriert, wie viel Zeitgemäßheit sich in der Wiener Küche immer noch aufspüren lässt. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 5.7.2013)