Die europäische Rüstungsindustrie blickte dieser Tage gebannt nach Brüssel. Die EU-Außenminister haben nach der jüngsten Eskalation in Ägypten darüber beraten, ob EU-Hilfskredite eingefroren und ein Waffenembargo verhängt werden soll. Bei dem Treffen am Mittwoch wurde nun beschlossen, die Waffenlieferungen an das Land am Nil auszusetzen.

Um die Dimension dieser Entscheidung zu illustrieren, gibt derStandard.at mittels interaktiver Grafik einen Überblick darüber, aus welchen EU-Ländern zuletzt die größten Rüstungslieferungen erfolgten. In Summe wurden im Jahr 2011 (die aktuellsten Daten) Militärgüter im Wert von 303 Millionen Euro nach Ägypten verkauft.

Die heimische Waffenindustrie, die in der Vergangenheit immer wieder durch umstrittene Lieferungen für Diskussionen sorgte und 2010 weltweit Geschäfte im Wert von 1,8 Milliarden Euro abschloss, spielt in Ägypten de facto keine Rolle. 2011 wurden laut EU-Exportbericht kleinkalibrige Waffen (unter 20 mm) im Wert von knapp 8.000 Euro verkauft, im Jahr davor waren es nicht ganz 190.000 Euro.

Generell gilt: Der größere Teil der Geschäfte europäischer Rüstungskonzerne betrifft militärische Fahrzeuge (65 Millionen Euro) und Flugzeuge (102 Millionen). Erstere werden vor allem von deutschen Firmen (57 Millionen Euro) verkauft, zweitere von den Spaniern (78 Millionen Euro). Allerdings wird aus den EU-Staaten sehr wohl auch klassisches Kriegsmaterial in größerem Stil exportiert. Die Franzosen zeichneten in der Kategorie "Bomben, Torpedos und Raketen" für Geschäfte im Ausmaß von 20,7 Millionen Euro verantwortlich, dazu kam elektronisches Rüstungsequipment mit einem Kaufpreis von 26,5 Millionen Euro. Aus Italien wurde 2011 Munition im Wert von 9,3 Millionen Euro nach Ägypten geliefert. Neben den klassischen Rüstungsländern wie Deutschland, Frankreich oder Spanien war auch Bulgarien (knapp zwölf Millionen Euro) ein gefragter Geschäftspartner Ägyptens.

Bereits vor der letzten Gewalteskalation in Ägypten hat die deutsche Bundesregierung reagiert und die Genehmigung für Waffenexporte gestoppt. Laut Wirtschaftsministerium werden Anträge derzeit zurückgestellt oder abschlägig beschieden. Im ersten Halbjahr 2013 wurden nach Angaben der Bundesregierung noch Rüstungsexporte im Wert von 13,19 Millionen Euro durchgeführt. Demnach handelte es sich hauptsächlich um Marine- und Telekommunikationsausrüstung. Davor, also bis zum Jahr 2012, wurden unter anderem auch Bestandteile für den ägyptischen Radpanzer Fahd geliefert. Mithilfe zahlreicher Exemplare des elf Tonnen schweren Fahrzeugs löste das ägyptische Militär letzte Woche gewaltsam die Protest-Camps der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Morsi auf.

Innerhalb der EU gibt es mehr oder weniger einheitliche Spielregeln für Waffenexporte. Geschäfte müssen grundsätzlich deklariert werden, üblich sind auch so genannte Endverbleibserklärungen, mit denen der Käufer bestätigt, die Waffen nicht weiter zu verkaufen. Rüstungsexperten kritisieren allerdings immer wieder, dass die Kontrolle derartiger Zusagen schwer bis gar nicht möglich ist. Vor einigen Monaten sorgten beispielsweise internationale Medienberichte für Aufregung, wonach im Bürgerkriegsland Syrien Rebellen mit Waffen der oberösterreichischen Firma Steyr Mannlicher gesichtet wurden. Offiziell gab es freilich keine Ausfuhrgenehmigungen für Syrien. (Florian Gossy/Günther Oswald/Kim Son Hoang, derStandard.at, 21.8.2013)