Bild nicht mehr verfügbar.

Wahlsieger Giorgi Margwelaschwili mit seiner Tochter.

Foto: Reuters/Dukor

Tiflis/Brüssel/Rostow am Don - Der im Vorjahr begonnene Machtwechsel in der Südkaukasus-Republik Georgien ist perfekt. Nach dem Sieg seines Kandidaten Giorgi Margwelaschwili bei der Präsidentenwahl kontrolliert Regierungschef Bidsina Iwanischwili momentan die Politik in dem Land am Schwarzen Meer, das einen Beitritt zu EU und NATO anstrebt. Er will sich allerdings nach eigenen Angaben in Kürze aus der Politik der Ex-Sowjet-Republik zurückziehen, und nicht mehr von einer in Kraft tretenden Verfassungsänderung profitieren, die das Amt des Präsidenten ab- und das des Premiers aufwertet.

Russland, das nach dem fünftägigen Krieg gegen Georgien 2008 keine diplomatischen Beziehungen zu dem kleinen Nachbarn unterhält, und die Europäische Union gratulierten zum demokratischen Prozess. Damit endet die Ära von Micheil Saakaschwili. Der noch amtierende Präsident, der vor zehn Jahren nach der Rosenrevolution die Führung übernommen hatte und nach zwei Amtsperioden nicht wiederkandidieren durfte, räumte die Niederlage seines Kandidaten Davit Bakradse, Fraktionschef der Vereinigten Nationalen Bewegung, ein.

Die litauische Staatschefin und aktuelle EU-Ratspräsidentin Dalia Grybauskaite lobte am Montag, mit der Abstimmung habe Georgien "einen weiteren Demokratietest" bestanden. "Wir gratulieren auch Georgien zu Wahlen, die gut organisiert gewesen zu sein scheinen", sagte Michael Mann, Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, in Brüssel. Schon die Parlamentswahl des vergangenen Jahres sei offensichtlich Teil einer "ständigen Verbesserung der demokratischen Institutionen" gewesen. Zwar habe es nach Ansicht von Beobachtern nach wie vor einige Probleme bei der Wahl gegeben: "Aber das Gesamtbild ist positiv." Georgien will Ende November beim Gipfel der Östlichen Partnerschaft in Vilnius ein Assoziierungsabkommen inklusive Freihandelszone mit der EU parafieren.

Positive Töne kamen auch aus Russland. "Es stellt sich nun durchaus die Frage nach einer Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen", sagte Außenminister Sergej Lawrow der Agentur Interfax. Der erste Schritt müsse aber von Tiflis kommen. Das Verhältnis ist seit dem Südkaukasus-Krieg um die von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien schwer zerrüttet. Russland hat die beiden Gebiete als eigene Staaten anerkannt und dort Tausende Soldaten stationiert. Georgien ist wichtiges Transitland für Öl- und Gas aus Zentralasien nach Europa unter Umgehung Russlands.

Auch die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit und Europa (OSZE) fanden lobende Worte: Die Wahl war demnach "effizient administriert, transparent und hat in einem freundschaftlichen und konstruktiven Umfeld stattgefunden", wie es in einer Aussendung hieß.

Bei der Präsidentenwahl vom Sonntag gewann Margwelaschwili nach Auszählung fast aller Wahlzettel mit deutlichem Vorsprung. Der frühere Kurzzeit-Bildungsminister und relative Polit-Neuling erhielt 62,12 Prozent der Stimmen und damit die notwendige absolute Mehrheit, wie die Wahlkommission in Tiflis nach Auswertung von fast 100 Prozent der Wahlzettel mitteilte.

Der 44-jährige frühere Hochschulrektor wird aber nach einer Verfassungsänderung hauptsächlich repräsentative Aufgaben ausüben und nicht mehr wie der wegen des verlorenen Krieges gegen Russland und Vorwürfen der Machtherrlichkeit in den letzten Jahren umstrittene Saakaschwili Gesetze initiieren und Innen- sowie Außenpolitik führen. Die wichtigsten Machtbefugnisse gehen mit der Angelobung Margwelaschwilis auf das Amt des Regierungschefs über.

Ex-Parlamentschef Bakradse kam auf 21,72 Prozent. Er hatte seine Niederlage am Vorabend eingeräumt. Die frühere Parlamentspräsidentin Nino Burdschanadse erhielt 10,18 Prozent. Insgesamt konnten die mehr als 3,5 Millionen Wahlberechtigten zwischen 23 Kandidaten entscheiden.

In Tiflis verurteilte unterdessen ein Gericht den früheren Verteidigungsminister Wacho Achalaia zu drei Jahren und neun Monaten Haft. Der Saakaschwili-Vertraute habe noch als Chef des Gefängnissystems mehrere Häftlinge brutal verprügelt. Achalaia weist die Vorwürfe als politische Inszenierung zurück. Videos von der Folterung von Häftlingen hatten zur Abwahl von Saakaschwilis Regierung im Vorjahr beigetragen.

Iwanischwili will nach nur einem Jahr als Ministerpräsident wieder aus der offiziellen Politik zurückziehen. Er war vorrangig angetreten, um den viel kritisierten Saakaschwili abzulösen. Nach der Wahl tritt das Kabinett wegen der Verfassungsänderung ohnedies zurück. Der neue Präsident - Margwelaschili - wird dann auf Basis des Parlamentswahl-Ergebnisses aus dem Vorjahr wieder eine Person aus Iwanischwilis seit dem Vorjahr regierender Parteienallianz Georgischer Traum mit der Regierungsbildung beauftragen. Iwanischwili will für den Bündnisvorsitz und zugleich seine Nachfolge als Premier eine Person vorschlagen, wie er im Gespräch mit der APA in Tiflis sagte. Gerüchten zufolge könnte er sich für Gesundheitsminister Davit Sergeenko entscheiden, wie Margwelaschwili ein relativer Polit-Neuling. Iwanischwili will sich nach eigenen Worten nur mehr zivilgesellschaftlich engagieren. (APA, 28.10.2013)