Im Mittelmeer sterben jährlich tausende Menschen, die italienische Insel Lampedusa quillt über vor Flüchtlingen. Malta verkauft demnächst Staatsbürgerschaften für wohlfeile 650.000 Euro, um seine Finanzen zu sanieren. Viktor Orbán verschenkt Pässe an ethnische Ungarn in anderen Ländern, auf dass diese ihn wählen mögen.

Drei europäische Geschichten, immer dieselbe Geschichte: Die Union wirkt völlig planlos, wenn es um Einwanderungsthemen in ihren Mitgliedsländern geht. Gemeinschaft ist realpolitisch nicht vorhanden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein Land auf die Idee kommt, die begehrte EU-Staatsbürgerschaft zu versilbern. Auch andere Länder verfolgen ähnliche Pläne. Der nächste Schritt sind Dumpingpreise für Pässe, mit denen sich finanziell marode EU-Mitgliedsländer gegenseitig unterbieten. In der Zwischenzeit ertrinken weiter Tausende, denen die Mittel fehlen, um im menschenverachtenden Spiel mitzuhalten.

An einer gemeinschaftlichen Einwanderungspolitik führt kein Weg vorbei. Die EU-Staaten müssen einheitlich definieren, welche Menschen sie einbürgern wollen. Und sie wären gut beraten, dabei auf persönliche Fähigkeiten und Qualitäten zu achten – und nicht nur aufs Geld. Letzteres zum Kriterium für die Staatsbürgerschaft zu machen ist nicht nur zutiefst zynisch, es ist, im Zukunftssinne, auch dumm. Europa wäre nicht die erste Festung von Reichen gegen Arme, die trotzdem gestürmt wird. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 14.11.2013)