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Juan Orlando Hernández hält seinen mit Tinte markierten Finger in die Kamera, nachdem er seine Stimme abgegeben hat.

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Die Statistik, die Linkskandidatin Xiomara Castro am Wahlabend im Hauptquartier ihrer Partei erhielt, geht offenbar von drei etwa gleichstarken Kandidaten aus.

Foto: AP Photo/Moises Castillo

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Ulrike Lunacek, die Leiterin der EU-Wahlbeobachtermission, begrüßt ihr Team.

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Tegucigalpa - Bei der Auszählung der Präsidentschaftswahl in Honduras liegt der rechtskonservative Kandidat Juan Orlando Hernández nach Angaben der Wahlkommission "uneinholbar" vorn. Der 45-Jährige habe laut Auszählung von zwei Dritteln der Wahllokale 34,1 Prozent der Stimmen erhalten, teilte der Chef der Wahlkommission, David Matamoros, am Montagabend (Ortszeit) mit.

"Das Ergebnis wird sich nicht mehr ändern." Dessen ungeachtet wollte die Wahlkommission Hernández noch nicht zum Sieger ausrufen.

Auf dem zweiten Platz landete den Angaben zufolge die gemäßigt linke Politikerin Xiomara Castro, die auf 28,9 Prozent der Stimmen kam. Sie hatte sich - ebenso wie Hernández - bereits am Sonntag zum Sieger und damit zum neuen Staatsoberhaupt erklärt. Zugleich erhob Castro massive Betrugsvorwürfe gegen die regierende Nationale Partei (PN), der Hernández angehört.

Für die Wahl zum Staatsoberhaupt reicht eine einfache Mehrheit. Unter einem massiven Sicherheitsaufgebot fanden am Sonntag zeitgleich zur Präsidentenwahl auch Parlaments- und Kommunalwahlen statt. Die Wahlbeteiligung lag bei für Honduras rekordverdächtigen 61 Prozent.

Hernandez veröffentlichte auf Twitter ein Bild, das ihn beim Beten mit seinen Anhängern zeigt. Der Text: "Danke meinem Gott und dem honduranischen Volk für diesen Triumph".

¡Gracias Dios mio y gracias pueblo hondureño por este triunfo! pic.twitter.com/iucVwtM7du

— Juan Orlando H. (@JuanOrlandoH) November 25, 2013

 Castro rief für Montag zu gewaltfreien Protesten in der Hauptstadt Tegucigalpa auf.

Con los resultados que he recibido de boca de urna de todo el país, puedo decirles: Soy la Presidenta de #Honduras.

— Xiomara Castro (@XiomaraCastroZ) November 25, 2013

 

Fälschungsvorwürfe

Auch der Fernsehmoderator Salvador Nasralla, der für die Antikorruptionspartei antritt, berichtete am Montag über Wahlfälschungen: bei einem Viertel der Wahllokale stimmten die offiziellen Ergebnisse nicht mit den Daten überein, die die Beisitzer ermittelt hatten, sagte er zu Radio Globo.

Einfache Mehrheit genügt

Rund 5,3 Millionen Honduraner waren aufgerufen, den Nachfolger des rechten Staatschefs Porfirio Lobo zu bestimmen. Neben dem künftigen Präsidenten wurden auch die 128 Abgeordneten des Parlaments und knapp 300 Bürgermeister gewählt.

Xiomara Castro ist die Ehefrau des im Jahr 2009 gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya. Hernández hatte 2009 den Putsch gegen Zelaya unterstützt. Hernández hatte im Wahlkampf versprochen, dass er im Fall seines Sieges rund 5.000 Militärpolizisten und Soldaten in den Kampf gegen die notorische Kriminalität schicken werde.

Wahlbeobachter: "Ruhig und transparent"

Nach Angaben der Leiterin der EU-Wahlbeobachtermission in dem mittelamerikanischen Land, der Grünen Europaabgeordneten Ulrike Lunacek, verliefen die Wahlen im Großen und Ganzen "ruhig und transparent".

Lunacek, die den Urnengang in der Hauptstadt Tegucigalpa und in der Wirtschaftsmetropole San Pedro Sula beobachtet hatte, brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Auszählung der Stimmen dem Wählerwillen entsprechend erfolgen werde.

Berichte über Unregelmäßigkeiten

Es habe Berichte über kleinere Unregelmäßigkeiten wie den Verkauf von Parteiausweisen gegeben, wie Videos belegen. Dies habe vor allem Beisitzer betroffen, die im Auftrag kleiner Parteien den Prozess überwachen hätten sollen, ihre Papiere aber an Mitglieder des regierenden Partido Nacional weitergaben.

Allerdings seien die Ergebnisse in den betroffenen Wahllokalen von den Besitzern aller großen Parteien anerkannt worden, insgesamt  hätten die Beobachter im ganzen Land von einem weitgehend geordneten Wahlverlauf berichtet.

600 Wahllokale ohne Telefon

Ein Endergebnis der gleichzeitig abgehaltenen Kongress-und Bürgermeisterwahlen war am Montagmorgen (Ortszeit) noch nicht in Sicht: das honduranische Wahlgesetz sieht vor, dass die Listen mit den abgegebenen Stimmen eingescannt und auf elektronischen Weg an die Wahlbehörde übermittelt werden. In insgesamt 1.000 von 16.000 Wahllokalen kam es dabei zu Problemen: etwa 600 davon verfügen über keine Internet- und Telefonverbindung. In diesen Fällen werden die Listen auf dem Landweg in die Hauptstadt gebracht, die Beisitzer vor Ort erhalten allerdings eine Abschrift, um Abweichungen zum veröffentlichten Endergebnis erkennen zu können.

"Neue Stärke des Parlaments"

Letzte Umfragen vor der Wahl sahen die beiden neuen Parteien "Libre" ("Freiheit und Neugründung") Xiomara Castros und "Antikorruption" des Fernsehmoderators Salvador Nasralla im Parlament, sie könnten den Meinungsforschern zufolge gemeinsam bis zu 45 Prozent der Abgeordnetensitze erringen.

"Der neue Präsident wird also nicht regieren können, ohne sich mit dem Parlament auseinanderzusetzen", meint Lunacek, "das ist neu für Honduras, diese neue Stärke des Parlaments, in dem bisher nur zwei Parteien dominierten, könnte Auswirkungen auf das neue Wahlgesetz haben." Auch die Bestellung von Justizbehörden wird der Zustimmung der Opposition bedürfen, wovon sich Lunacek ein Ende der grassierenden Straflosigkeit erhofft.

Regierung verteilte Rabattkarten

Bereits vor der Wahl, kritisierte Lunacek im STANDARD-Gespräch, seien "große Unregelmäßigkeiten" registriert worden: So habe aber der regierende Partido Nacional Wähler zu beeinflussen versucht, indem Rabattkarten verteilt wurden, die Diskonte zwischen zehn und zwanzig Prozent in verschiedenen Geschäften garantieren.

Im Gegenzug erhält die wahlwerbende Partei persönliche Daten der Teilnehmer. Die Grün-Politikerin berichtet, Präsidentschaftskandidat Hernández selbst habe stolz von diesen Rabattkarten erzählt: "Das ist zwar nicht illegal, aber man muss sich die Frage stellen, ob diese Art von Marketing nicht Stimmenkauf ist".

Wahlbeobachter treten am Dienstag vor die Presse

Von Berichten, dass in der nordhonduranischen Stadt La Ceiba bereits vor Wahlbeginn eine Urne mit Stimmzetteln gefunden worden sei, hat Lunacek nichts gehört. Allerdings seien noch nicht alle Dokumente der EU-Wahlbeobachter in der Hauptstadt eingelangt, ein offizielles Statement der Delegation wird es erst am Dienstagmorgen geben.

Bei einem Zwischenfall in der Nähe eines Wahllokals im Nordosten des Landes, bei dem mindestens fünf Menschen getötet wurden, habe es sich um eine Auseinandersetzung im Drogenmilieu gehandelt, sagte Lunacek. Es habe offenbar keinen politischen Hintergrund gegeben.

Honduras hat höchste Mordrate

Honduras ist nach Angaben der Vereinten Nationen mit einer Mordrate von 91,6 Getöteten pro 100.000 Einwohner das gefährlichste Land der Welt und zählt mit einer Arbeitslosenquote von rund 40 Prozent zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas. 71 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Wegen der starken Spannungen zwischen den politischen Lagern in Honduras hatten Beobachter Unruhen im Falle eines knappen Wahlergebnisses nicht ausgeschlossen.

Journalistenmorde

Erst einen Monat vor den Präsidentenwahlen war ein Journalist in der Hauptstadt Tegucigalpa erschossen aufgefunden worden, berichtete die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG/RSF). Im Juli war ein TV-Journalist eines regierungskritischen Senders entführt und ermordet worden. Honduras gilt seit einiger Zeit als eines der gefährlichsten Länder für Journalisten und belegt derzeit Platz 127 von 179 Ländern auf der Rangliste der Pressefreiheit der Journalistenorganisation. (red, APA, 26.11.2013)